Download des kompletten Projektberichtes als pdf-Datei (16 MB).
F. Ergebnisse der Gebietsanalyse
Die Gebietsanalyse hat zum Ziel, einerseits das Stör-Gebiet insgesamt einer ökologischen Wertung zu unterziehen und andererseits das Gebiet durch eine Regionalanalyse zu differenzieren. So wurde im ersten Teil eine Stoffbilanz erstellt und für den Stoffaustrag bedeutsame Prozesse analysiert. Darüber hinaus werden die Ergebnisse der Gewässeranalyse vorgestellt. In der Regionalstudie werden der Abfluß, die Stoffverluste und ausgewählte Strukturparameter für die einzelnen Teileinzugsgebiete bzw. Berechnungsabschnitte dargestellt und diskutiert. Der Auswertung der mit dem Satelliten erfaßten Oberflächentemperatur ist ein eigener Abschnitt gewidmet.
F.1. Beurteilung des Störgebietes
F.1.1. Stoffausträge und Stoffbilanzen
Durch die Untersuchungen in der Stör sollte die These, daß anhaltende Basenverluste zur Verarmung der Landschaft führen, überprüft werden. Zusätzlich zu den eigentlichen Messungen der Frachten in den Gewässern wurde deshalb auch eine Fehlerabschätzung anhand der zeitlich hoch auflösenden Leitfähigkeitsmeßsonden vorgenommen. Die Stoffeinträge mit den Niederschlägen und der Düngung können so in einer groben Bilanz den Verlusten gegenüber gestellt werden. Die stichprobenhafte Untersuchung der Basenvorräte sollte die Dringlichkeit von Maßnahmen hervorheben.
F.1.1.1. Eintrag über die Niederschläge
Die Einträge mit dem Niederschlagswasser an der projekteigenen Meßstation im Stör-Gebiet (Abb. 45, Tab. 1 im Anhang 2, F.1.1.1) weist eine weitgehende Übereinstimmung mit den Einträgen an den Niederschlagsstationen des Landesamtes für Wasserhaushalt und Küsten Schleswig-Holstein (1988;, 1995; Tab. 2 im Anhang 2, F.1.1.1) und anderen Gebieten, z.B. dem Solling1, auf. Die Gesamteinträge über den Niederschlag entsprechen bei den Nährstoffen (Ges.-P und Ges.-N) weitestgehend den Gesamtausträgen über die Gewässer, während die Einträge von Salzen mit dem Niederschlag gegenüber den Austrägen erheblich geringer sind (Kap. 2.1.4). Dies verdeutlicht, daß Phosphor und Stickstoff vor dem Hintergrund zusätzlicher Einträge über Düngung und Abwässer in hohem Maße festgelegt bzw. umgesetzt werden, während für die Salze ein eindeutiger Verlustprozeß festzustellen ist.
-
Abb. 45: Gebietseinträge mit dem Niederschlag.
F.1.1.2. Abfluß als frachtbestimmende Größe
Ein Vergleich der Fracht- und der Abflußmuster (Abb. 46; Anhang 2, F.2.1.4) zeigt, daß das Frachtmuster im Jahresgang wie das Abflußmuster verläuft. Der Abfluß ist daher die frachtbestimmende Größe. Dies ist durch die erheblich höhere Schwankung des Abflusses im Vergleich zur Konzentration bedingt.
Abb. 46: Abfluß- und Frachtmuster (Salze, Sulfat und Calcium) für die Stör bei Willenscharen und die Bramau bei Föhrden.
Solange der Abfluß frachtbestimmend ist, stellt allein die Art und Weise des Wasserflusses in der Landschaft die Steuerungsgröße für den Stoffaustrag dar. Konzentrationen lassen sich nur rückgekoppelt an einen veränderten Wasserfluß in der Landschaft (eine Verringerung der wechselfeuchten Bereiche im Boden) verringern, es sei denn, sie sind durch Abwassereinleitungen beeinflußt.
F.1.1.3. Leitfähigkeits-Abfluß-Beziehung
Ein Vergleich der Abflußschwankungen mit den Schwankungen der Leitfähigkeit ergibt, daß der Abfluß auch erheblich stärker schwankt als die Leitfähigkeit (vgl. Abb. 47 und 48). Zum Beispiel schwankt der Abfluß in der Schmalfelder Au zwischen -100 und 400%, die Leitfähigkeit dagegen nur zwischen -50 und 20%. In der Wegebek schwankt die Leitfähigkeit bei einer etwas höheren Schwankung des Abflusses (-100 bis 600%) nur unbedeutend mehr (-50 bis 40%).
Abb. 47: Abweichung der Leitfähigkeit und des Abflusses 1994/95 in der Schmalfelder Au vom Mittelwert (in %).
Abb. 48: Abweichung der Leitfähigkeit und des Abflusses 1994/95 in der Wegebek vom Mittelwert (in %).
Die Leitfähigkeit kann als Summenparameter für die Salzkonzentration im Wasser dienen (vgl. Abb. 49). Dieser Zusammenhang ermöglicht eine Abschätzung der Stoffverluste über die gemessenen Abflüsse und Leitfähigkeiten. Die Stoffverluste sind dabei v.a. durch den Abfluß bestimmt, wie der Vergleich der Varianzen gezeigt hat.
Abb. 49: Zusammenhang zwischen Leitfähigkeit und Salzkonzentration.
Die Leitfähigkeits-Abfluß-Beziehung wurde auch genutzt, um eine Fehlerabschätzung der Frachtberechnung vorzunehmen. Während der Abfluß und die Leitfähigkeit beinahe kontinuierlich (20 min-Intervalle) erfaßt wurden und deren zeitliche Verteilung damit gut bekannt ist, stellen die monatlichen Probenahmen eher Stichproben dar. Die Fehlerabschätzung der Frachtberechnung erfolgte in mehreren Schritten:
A. Produktbildung aus Tagesabflüssen und monatlicher Probenahme
- Bildung des Tagesmittels der Leitfähigkeit aus den Daten mit 20 minütiger Auflösung.
- Berechnung des Produktes aus dem Monatsmittel des Abflusses und der im Gewässer ge messenen Leitfähigkeit am Tag der Probenahme.
B. Produktbildung aus Tagesabflüssen und Tagesmitteln der Leitfähigkeit.
C. Ermittlung der Abweichung der beiden Berechnungen.
Es ergibt sich für die sechs Leitfähigkeitsmeßstellen, an denen für mindestens 9 Monaten Abflußdaten auf Tagesbasis für Abfluß und Leitfähigkeit vorliegen2, eine Frachtüberschätzung zwischen 5% und 10% bei monatlicher Probenahme gegenüber Tageswerten.
F.1.1.4. Basenvorräte der Oberböden
Für die Einschätzung der Dauerhaftigkeit der Landschaft und die Bewirtschaftung sind neben den Stoffverlusten die Vorräte des Oberbodens an Basen wichtig. Böden, die nur noch geringe Basenvorräte aufweisen, sind für eine beginnende Versteppung am anfälligsten. Gehen die Vorräte zur Neige, so kommt es vorübergehend durch die verstärkte und nicht mehr ausreichend gepufferte Protonenabgabe der Pflanzen zu einer Versauerung der Böden.
Die flächendeckende Untersuchung des Basenvorrates der Oberböden hätte aufgrund der kleinräumigen Inhomogenitäten und nicht ausreichend bekannten Verteilung des Bodens einen erheblichen Aufwand bedeutet. Aus der Bodenkarte (Kap. C.1.2) sind die Basenvorräte leider nicht ableitbar. Zum besseren Verständnis der Ganglinien der Bodenwassersonden (Kap. F.2) und zur Untersuchung der Austragsmechanismen (Kap. E.2.1) wurden an 29 Bodenwassermeßstellen Bodenuntersuchungen durchgeführt. Die Bodenproben wurden mit Hilfe eines Salpetersäure-Aufschlusses analysiert (vgl. Anhang 1, 4.2). Diese, sicherlich nicht repräsentative, Auswahl ermöglicht eine erste Schätzung der Vorräte.
Dazu wurden die Basengehalte (Ca, Mg, K, Na) flächenspezifisch für die obersten 10 dm berechnet. Damit ist der Hauptwurzelhorizont abgedeckt. Bei der Untersuchung wurden nur die feineren Fraktionen des Bodens (< 0.071 mm) auf ihre Basengehalte hin analysiert. Dabei wies die feinste Fraktion (< 0.02 mm) erwartungsgemäß deutlich höhere Basengehalte auf (vgl. auch Kap. E.2.1.3). Da die gröbere Fraktion (>= 0.071 mm) nicht analysiert wurde, wurden die Basengehalte für diese Fraktion auf zweierlei Art abgeschätzt:
- Die Annahme, daß in dieser Fraktion keinerlei Basen mehr vorhanden sind, führt zu einer Unterschätzung der Vorräte. Es ist jedoch davon auszugehen, daß in der gröberen Fraktion aufgrund der geringeren Oberfläche auch deutlich weniger Basen als in den feineren Fraktionen gebunden sind.
- Die Annahme, daß die Basengehalte der gröberen Fraktion denen der mittleren Fraktion entsprechen, führt zu einer deutlichen Überschätzung der Vorräte.
Die Ergebnisse der Schätzung sind in Tab. 4 dargestellt. Sie weisen für die erste Annahme etwa 79 t Basen/ha auf, für die zweite Annahme etwa doppelt soviel. Die Basengehalte der Probenahmestellen zeigen ein differenziertes Bild. So beträgt der Vorrat vieler Böden unter der ersten Annahme weniger als 30 t Basen/ha. Diese Böden enthalten auch nur noch geringe Anteile der feineren Fraktionen, in der Regel deutlich unter 10 Gew.%. Die Auswaschung der Basen ist hier bereits weit vorangeschritten; feinere Partikel wurden verlagert bzw. aufgelöst. Diese Böden sind überwiegend Podsole (z.B. Probestelle G07, G09, G18). Die Auswertung der Bodenkarte (Tab. 5) zeigt, daß die Podsole mit 45% im Gebiet deutlich dominieren. Wir gehen davon aus, daß diese Podsole ähnlich verarmt und für die weitere Bewirtschaftung als kritisch zu betrachten sind.
Tab. 4: Berechnete Basenvorräte an den Bodenwasserpegeln
Tab. 5: Flächenanteile der wichtigsten Bodentypen im Stör-Gebiet (in Prozent).
-
Braunerden 13,3
Parabraunerden 2,5
Podsole 45,3
Pseudogleye 8,2
Gleye 12,6
Moore 10,4
Versiegelte Flächen 7,0
In den anderen Böden sind die Basenvorräte zwar noch deutlich höher (bis über 300 t/ha bzw. 470 t/ha). Gerade die Gehalte an Calcium betragen aber auch hier zumeist deutlich unter 100 t/ha. Die Austräge an Ca übertreffen die der anderen Basen im Stör-Einzugsgebiet deutlich (Ca 263 kg/(ha*a), Mg 18,9 kg/(ha*a), K 26,5 kg/(ha*a)), so daß eine rasche Verarmung an Ca zu befürchten ist.
Zusammen mit den Auswaschungsraten (Ca: 263 kg/(ha*a), Mg: 18.9 kg/(ha*a), K: 26.5 kg/(ha*a)) begrenzen die Vorräte den gesellschaftlichen Handlungsspielraum. Es ist davon auszugehen, daß mit dem lokalen Ausfall der Vegetation der Verlustprozeß nichtlinear ansteigt, da durch die in verlustarmen Kreisprozessen erfolgende Energiedissipation nur noch auf einer stetig abnehmenden Fläche stattfinden kann (Kap. G.2.1). Eine einfache Extrapolation der Verluste gegenüber den Vorräten ist deshalb nicht sinnvoll.
F.1.1.5. Stoffbilanz am Beispiel des Calciums
Im folgenden soll versucht werden, die Ein- und Austräge des Calciums zu bilanzieren, da dieses den größten Teil der Basenverluste ausmacht und an den meisten Pufferreaktionen im Boden beteiligt ist. In einer solchen Bilanz könnten folgende Größen von Bedeutung sein:Austräge:
- Frachten im Gewässer
- Ernteentzüge
Einträge:
- Niederschlag und trockene Deposition
- Düngung
- Auswaschungen aus tieferen Gesteinsschichten
- Einträge über importierte Nahrungsmittel
Frachten im Gewässer
Pro Jahr weist das Einzugsgebiet der Stör einen mittleren Calciumaustrag von etwa 263 kg/ha und einen um Natriumchlorid (NaCl) bereinigten mittleren Salzaustrag von etwa 1050 kg/ha auf. Dies ist erheblich mehr als in naturnahen Ökosystemen, in denen der Verlustprozeß durch die Sukzession minimiert wird (Kap. B.3.2, F.2.1.3)3, 4.
Die Ergebnisse der Frachtberechnungen werden unter Kap. 2.1.4 dargestellt.
Ernteentzüge
Als weiterer "Austrag" kommen die Ernteentzüge hinzu, die anhand der Tabellen (im Anhang 2, F.1.1.5) abgeschätzt werden können. Im Vergleich zu den Auswaschungsverlusten sind diese jedoch eher gering . Sie reichen von 2 kg Ca/ha/a bei Mais (60 dt/ha Ertrag), über Kartoffeln 3 kg Ca/ha/a (300 dt/ha Ertrag), Raps 13 kg Ca/ha/a (30 dt/ha Ertrag), Weizen mit Strohnutzung 19 kg Ca/ha/a (100 dt/ha Ertrag; 50 dt/ha Stroh + 50 dt/ha Weizen) bis zu 108 kg Ca/ha/a bei Zuckerrübenanbau mit Blattnutzung (900 dt/ha Ertrag; 500 dt/ha Rüben + 400 dt/ha Blätter) (Renger 1991). Zuckerrüben werden allerdings im Gebiet kaum angebaut. Im Stammholz von Buche oder Fichte (ohne Rinde und Äste) sind etwa 120-130 kg/ha Calcium gespeichert (Ellenberg et al. 1986).
Die Ernteentzüge stellen für die einzelnen Flächen Entzüge dar, die durch eine entsprechende Düngung ausgeglichen werden müssen. Für die Bilanzierung des Gesamtgebietes sind sie jedoch nur von untergeordneter Bedeutung, da der größte Teil der Ernte im Gebiet konsumiert wird. Wenn die Inhaltsstoffe später z.B. über den Klärschlamm wieder auf die Felder gebracht werden, dann wäre für das Gesamtgebiet kein Verlust entstanden. Gelangen die im Erntegut enthaltenen Basen jedoch in das Abwasser, so sind diese ohnehin durch die Meßstellen erfaßt worden.
Niederschlag und trockene Deposition
Die Einträge an Calcium sind gegenüber den Austrägen erheblich geringer. Über Luftdeposition (Niederschlag und Staub) werden etwa 10 kg Ca/ha/a eingetragen (vgl. Kap. F.1.1). In Wäldern treffen eher höhere Werte für den Eintrag zu, im Freiland liegt er meist unter 10 kg Ca/ha. Im Vergleich zu den Austrägen sind die Einträge sehr gering.
Die Quelle des Calciums sowie anderer Basen dürfte zu einem großen Teil jedoch die Landschaft selber sein, da z.B. größere Kalkstein verarbeitende Firmen fehlen. Auf den trockeneren Flächen wird calciumhaltiger Staub aufgewirbelt, der vom Niederschlag ausgewaschen wird oder als trockene Deposition in die Niederschlagsmesser gelangt. Anders als die "Staubfallen", wie Feuchtgebiete, feuchtere Wälder oder Niederschlagssammler, können diese Stäube auf den trockeneren landwirtschaftlichen Flächen mehrmals aufgewirbelt und verfrachtet werden. Die Einträge dürften demnach für landwirtschaftliche Flächen eher eine Überschätzung darstellen. Während für feuchtere Gebiete tatsächlich ein Ca-Eintrag vorliegen kann, kann dieser für das Gesamtgebiet vernachlässigt werden.
Düngung
Über die landwirtschaftliche Düngung gelangen im Durchschnitt 90 kg Ca/ha/a (Durchschnitt 1980-87) auf die genutzte Fläche, wobei auf Grünland eher unter 35 kg Ca/ha/a und auf Ackerstandorten etwa 145 kg Ca/ha/a ausgebracht werden (Statistisches Landesamt S-H. 1989a: 16). Den Austrägen stehen daher bei der heutigen Flächennutzung ca. 80,7 kg Ca/ha/a an Eintrag für das Gesamtgebiet gegenüber (50.2% Acker, 22.5% Grünland).
Großflächige Kalkungen finden in der Forstwirtschaft erst seit den achtziger Jahren statt. Zwischen 1984 und 1988 wurden in Schleswig-Holstein etwa 15.3 kg/ha/a Ca ausgebracht (Statistisches Landesamt S-H. 1989a). Umgerechnet auf die Gesamtfläche (17.2% sind Wald) macht dies nur 2.6 kg/ha/a aus. Es liegen uns jedoch keine Angaben darüber vor, wieweit und mit welcher Intensität diese Kalkungen auch in den letzten Jahren fortgeführt wurden.
Auswaschungen aus tieferen Gesteinsschichten
Auswaschungen aus tieferen, für die Vegetation unerreichbaren Gesteinsschichten stellen keinen eigentlichen "Eintrag" dar. Sie könnten jedoch hohe Verluste aus den für die Vegetation wesentlichen Oberböden vortäuschen.
Um den genauen Anteil des in tieferen Schichten gelösten Calciums an den Frachten zu bestimmen, wären zusätzliche Messungen erforderlich. Allerdings zeigen Überlegungen zum Austragsprozeß, daß dieser Anteil nicht sehr groß sein kann: Nur etwa 30% des Abflusses in der Stör (Kap. 2.1.2) können als Basisabfluß bezeichnet werden und durchfließen damit tiefere Gesteinsschichten. Das Wasser perkoliert jedoch zunächst durch den Oberboden. Dabei wird es weitgehend im Oberboden gepuffert, da nur hier ausreichend organisches Material zur Mineralisation zur Verfügung steht und dabei Säuren freigesetzt werden. Darauf deuten auch die zunehmenden pH-Werte in Bodenprofilen hin. Auf diese Weise verbleibt lediglich ein geringes pH-Potential, das zur Lösung von Ca in tieferen Schichten führen kann.
Einträge über importierte Nahrungsmittel
Die Einträge über importierte Nahrungsmittel stellen eine vernachlässigbare Größe dar. Dies soll an einer Abschätzung für die Stadt Neumünster verdeutlicht werden: Die Verluste aus dem Berechnungsabschnitt, in dem Neumünster liegt (BAB 63), betragen 503.7 kg Ca/ha/a. Gegenüber den durchschnittlichen Calcium-Verlusten von 263 kg/ha/a werden hier also tatsächlich 240.7 kg/ha/a mehr Calcium ausgetragen. Umgerechnet auf die 80.000 Einwohner sind dies etwa 50 g Ca/EW/d. Im gesamten Störgebiet wohnen etwa 200.000 EW; dies entspräche einem Ca-Eintrag von 34.5 kg/ha/a.
Selbst dieser geringe Wert stellt noch eine maßlose Überschätzung dar. So stammt ein Teil des in das Wasser gelangten Calciums aus Nahrungsmitteln, die im Stör-Gebiet selbst produziert wurden5. Durch den Bedarf an Trink- und Brauchwasser ist der Abfluß aus dem Berechnungsabschnitt 63 etwa um den Faktor 1.5 gegenüber dem Abfluß am Pegel Willenscharen erhöht. Die Bereitstellung dieses, nicht aus Oberflächengewässern stammenden, Wassers trägt ebenfalls zu der zusätzlichen Ca-Aufstockung bei. Dazu kommen weitere Auswirkungen des Siedlungskörpers selbst, durch dessen starke Erwärmung die angrenzenden Flächen beeinflußt und damit Austräge begünstigt werden.
Angaben über Einträge mit Futtermitteln, wie z.B. Soja, lagen nicht vor. Wir gehen jedoch davon aus, daß auch diese keinen erheblichen Anteil in der Bilanz ausmachen.
Bilanzierung
Die Diskussion der möglichen Ein- und Austräge zeigt, daß den Verlusten von 263 kg Ca/ha/a im wesentlichen aus der Düngung stammende Einträge von etwa 80-90 kg Ca/ha/a gegenüber stehen. Die bisherige Düngung reicht also keineswegs aus, die Verluste zu kompensieren. Es verbleibt ein jährliches Defizit von etwa 175 kg Ca/ha/a.
Dies belegt, daß das Gesamtgebiet an seinen Reserven zehrt. Bei der heutigen Bewirtschaftung wird der noch vorhandene Vorrat durch die fehlende Orientierung an den natürlichen Stoffestlegungsmechanismen in der Landschaft beschleunigt abgebaut. Der energetische und damit der finanzielle Aufwand für den Erhalt fruchtbarer Böden wird immer größer.
F.1.1.6. Anreicherung von Schwermetallen
Mit dem fortgesetzten Basenaustrag werden die anderen Inhaltsstoffe des Bodens durch die unterschiedliche Löslichkeit nicht zu gleichen Teilen ausgetragen. Vielmehr werden die leichtlöslichen Basen, allen voran das Natrium und Kalium, zuerst ausgetragen. Als Hauptbestandteil des Bodens verbleibt vor allem Quarzsand, der kaum löslich und für die Pflanzen nicht verwertbar ist. Schwermetalle sind normalerweise wenig löslich und erst bei niedrigeren pH-Werten mobil. Sie reichern sich deshalb während des durch die nettoproduktive Bewirtschaftung der Flächen beschleunigten Auswaschungsprozesses an (Abb. 50). Eine Minimierung der Basenverluste ist deshalb auch notwendig, um diesen Anreicherungsprozeß zu unterbinden.
Abb. 50: Während des Auswaschungsprozesses gehen zuerst Basen und Nährstoffe verloren; es verbleiben für die Pflanzen nicht verwertbare oder sogar giftige Stoffe.
Bei der Analyse der Bodenproben an den Bodenwasserpegeln (Kap. 1.1.4) wurden auch die Schwermetall-Gehalte untersucht. Die meisten Ergebnisse bestätigen, daß niedrige Ca/Schwermetall-Verhältnisse vermehrt bei geringen Ca-Vorräten auftreten und umgekehrt hohe Ca/Schwermetall-Verhältnisse bei hohen Ca-Vorräten (Abb. 51). Dies wird besonders deutlich bei Blei, ist aber auch bei Cadmium und Zink zu sehen. Das wesentlich leichter lösliche Mangan hingegen zeigt umgekehrte Verhältnisse; es wird zusammen mit dem Calcium ausgewaschen bzw. verlagert.
Abb. 51: Calcium-Vorrat und Calcium-Schwermetall-Verhältnisse.
Die Schwermetalle sind teilweise bereits im Ausgangsgestein vorhanden gewesen, teilweise aber auch erst durch menschliche Aktivitäten eingetragen worden. Für das Blei wurden im Mittel etwa Werte von 100 µg/g TS festgestellt, während für den natürlichen Hintergrundwert nur etwa 20 µg/g TS anzunehmen sind (Laveskog et al. 1976).
F.1.2. Prozeßanalyse
Für den Austragsprozeß sind Einflüsse auf den Wasserhaushalt von besonderer Bedeutung. Im folgenden werden deshalb die Veränderungen der Niederschlagsmuster und die Auswertung der Bodenwasserpegel vorgestellt (Kap. 1.2.1, 1.2.2). Die Ergebnisse der Analyse der Fließgewässer für den Stoff- und Wasserhaushalt sind in Kap. 1.2.3 zusammengefaßt.
F.1.2.1. Veränderung der Niederschlagsmuster
Die zeitliche Analyse der Niederschlagsdaten von Neumünster und Berlin-Dahlem zeigt, daß die längerjährigen Monatsmittel des Niederschlages, wie es bei einer dynamischen Größe wie dem Niederschlag auch zu erwarten ist, Schwankungen unterworfen sind (vgl. Abb. 52 u. 53).
Abb. 52: Niederschlagsmittel in Berlin-Dahlem und Standardabweichung.
Abb. 53: Niederschlagsmittel in Neumünster und Standardabweichung.
In den letzten Jahrzehnten konnte am Beispiel Berlins immer deutlicher eine Veränderung der Niederschlagsverteilung im Jahresverlauf beobachtet werden, die - allerdings in geringerem Ausmaß - auch in Neumünster wiederzufinden ist. Abb. 52 und 53 zeigen, daß sich in Berlin die Niederschläge im Juli und Oktober von 1926 an fast kontinuierlich verringert haben, im Dezember dagegen erhöht. Demgegenüber treten in Neumünster die Veränderungen im März, August, November und Dezember am stärksten hervor. Die Niederschläge nehmen im Juli/August ab und in den Winter- und Frühjahrsmonaten zu. Diese Entwicklung wird durch die Standardabweichungen (Abb. 52, 53) als Abweichungen von den aufgetragenen Mitteln bestätigt: sie sind teilweise gleichgeblieben, meist aber zurückgegangen.
In Berlin erfolgt diese Veränderung der zeitlichen Verteilung der Niederschläge bei annähernd gleichbleibenden, über 10 Jahre gemittelten Jahresniederschlagssummen, während letztere in Neumünster stärker schwanken.
Aufschlußreich ist dabei auch die Veränderung des fortlaufenden und des zehnjährigen Mittels der Niederschlagssumme der Monate Juli bis September im Vergleich zu den Mitteln der Niederschlagssumme der Monate April bis Juni (Abb. 54 und 55). Das Mittel der Niederschlagsumme nimmt für den Zeitraum Juli bis September, von einer mehrjährigen Schwingung moduliert, ab, wobei sie im Zeitraum April bis Juni annähernd gleich bleibt. Der Unterschied zwischen den Mitteln der Niederschlagssummen nimmt fortwährend ab.
Abb. 54: Niederschlagssummen und Standardabweichung (April bis Juni und Juli bis September) für Berlin-Dahlem
Abb. 55: Niederschlagssummen und Standardabweichung (April bis Juni und Juli bis September) für Neumünster
Durch diese Entwicklung im Landschaftswasserhaushalt steht der Vegetation in einem Zeitraum, in dem sie noch relativ viel Energie dissipieren muß (Juli bis September), immer weniger Wasser zur Verfügung. Der Energieanteil, der über kleinräumige und kurzgeschlossene Verdunstungsprozesse dissipiert wird, geht zugunsten des Anteils zurück, dessen Dissipation über den großräumigen Wasserkreislauf und Mineralisationsprozesse erfolgt. Stoffverluste werden so in einem größeren Ausmaß vorbereitet. Die Entwicklung zeichnet sich in Berlin6 deutlicher ab als in Neumünster.
Betrachtet man die großräumige Entwässerung der Landschaft in allen dichter besiedelten Gebieten, ist eine weitere Veränderung der Niederschlagsverteilung wahrscheinlich. Andere Wissenschaftler zeigen einen ähnlichen Trend auf7, 8.
F.1.2.2. Muster des Bodenwasserspiegels
Der Bodenwasserspiegel wird von den ZKSen in Abhängigkeit von ihrem Wirkungsgrad (vgl. Kap. B.2.2, E.2.1) in unterschiedlichem Maße beeinflußt. In "reiferen" Ökosystemen erhöht die Akkumulation toter organischer Substanz (Humus, Streu oder Torf) die Wasserspeicherkapazität des Oberbodens. In ihnen kann die Energie weitgehend in kleinräumigen Kreisprozessen dissipiert werden. Gleichzeitig ist unter diesen Bedingungen die Verlagerung feinerer Bodenpartikel, die z.B. durch die Ausbildung undurchlässigerer Schichten zur Steigerung der Wasserspeicherkapazität beitragen, stark eingeschränkt. Durch die geringe räumliche und zeitliche Trennung von Verdunstung und Taubildung bzw. Niederschlag kann das Wasser im Idealfall ortsfest im Kreislauf geführt werden, anstatt mit dem Wind über große Entfernungen verfrachtet zu werden (Abb. 56).
Abb. 56: Der Wasserkreislauf als fraktales Modell.
Die Wasserspeicherkapazität und damit der Bodenwasserspiegel eines Standortes wird bei abnehmendem Einfluß der Vegetation zunehmend auch von der Korngrößenverteilung und der Schichtung des Oberbodens bestimmt. Auch der Wasserzufluß aus hangaufwärts liegenden Flächen kann den Bodenwasserspiegel beeinflussen. Dies ist besonders in den Niederungen zu erwarten.
Der Verlauf der Ganglinien des Bodenwassers zeigt (vgl. Abb. 57, 58 und Anhang 2, F.2.1.2), daß der Bodenwasserspiegel an den untersuchten Standorten im Sommer, teilweise auch im Winter, von der Vegetation nicht mehr gesteuert wird. Die Standorte können nach den Ganglinien in
- Standorte mit dauerhaft hohen Flurabständen und
- Standorte mit sommerlich höheren und winterlich niedrigeren Flurabständen
differenziert werden.
Beispiele für Standorte mit dauerhaft hohen Flurabständen sind die Bodenwasserpegel 9, 11, 12, 13, 14 und 18 (vgl. Abb. 57 und Anhang 2, F.2.1.2). Die Bodenwasserganglinie zeigt zwar noch ein jahreszeitliches Muster, die Wasserstandserhöhung erreicht die oberen Dezimeter allerdings nicht mehr. Die Böden sind überwiegend grobkörnig (Mittelsand); ob Entwässerungsgräben vorhanden sind, ist nicht bekannt. Bei den genannten Pegeln handelt es sich überwiegend um Nadelwaldstandorte (vgl. Tab. 2, Kap. D.3.5). Durch den großen Flurabstand verursacht jeder Niederschlag wechselfeuchte Phasen im Oberboden, die zur verstärkten Mineralisation organischer Substanz beitragen (vgl. Kap. E.2.1). Während des Winters perkoliert das Niederschlagswasser durch das gesamte Bodenprofil. Dadurch kann es vermehrt Basen und Nährstoffe lösen und in Richtung der Oberflächengewässer transportieren.
Abb. 57: Tägliches Mittel des Bodenwasserstandes am Meßpegel 9 (Nadelwald bei Lindeloh).
Ganglinien mit einem während des Winters geringen Flurabstand zeigen z.B. die Standorte 1, 2, 4, 15 und 16 (vgl. Abb. 58 und Anhang 2, F.2.1.2). Im Winter ist der Boden, rechnet man einen entsprechenden Kapillarsaum hinzu, fast vollständig wassergesättigt (Haltephase). Der Abfluß des Niederschlagswassers wird deshalb überwiegend oberflächlich bzw. oberflächennah auftreten. Der Transport von Basen und Nährstoffen ist dadurch begrenzt. Die gewählten Beispiele, bei denen es sich ausschließlich um Wälder handelt, können jedoch den hohen Wasserstand den Sommer über nicht halten. Verdunstung und möglicherweise Abfluß sind höher als Niederschläge und Taubildung, so daß der Bodenwasserspiegel bis auf unter 200 cm unter Flur absinken kann. Dabei sinkt die Ganglinie oft ohne größere Unterbrechung ab. In der je nach Standort etwas unterschiedlichen Auslaufphase (etwa Mai bis August) treten auch hier bei jedem Niederschlagsereignis wechselfeuchte Phasen im Oberboden auf. Der Wiederanstieg des Bodenwassers erfolgt zumeist etwas rascher als das Absinken.
Abb. 58: Tägliches Mittel des Bodenwasserstandes am Meßpegel 2 (Laubwald im Gehege Himmelreich).
Ähnliche Ganglinien finden sich auch unter Grünlandstandorten, z.B. den Standorten 19, 24, 25 und 28. Sie unterschieden sich von den Waldstandorten durch eine teilweise etwas höhere Dynamik der Ganglinie in der Haltephase. Auffällig ist, daß diese Grünlandstandorte überwiegend Böden mit feineren Korngrößen aufweisen (lehmige Sande). Dies belegt, daß die Waldstandorte mit gröberem Substrat durch die Vegetation bzgl. ihrer Wasserhaltekapazität verbessert wurden.
Der Grünlandstandort des Bodenwasserpegels 6 (Niedermoor) zeigt keine ausgeprägte Haltephase während der Wintermonate auf, aber während des gesamten Jahres relativ niedrige Flurabstände. Der Verlauf der Ganglinie könnte auf zufließendes Wasser hindeuten. - Die Lage des Pegels 22 unter Laubwald auf einem kleinen Hügel macht sich auch in der Ganglinie bemerkbar. Durch unzureichende Wasserspeicherung und fehlenden Zufluß sinkt hier der Bodenwasserspiegel von 50 cm bis auf 470 cm ab. - Der Bodenwasserpegel 7 auf einer Heidefläche im NSG Halloher Moor spiegelt die geringe Steuerung des Bodenwasserhaushaltes durch das frühe Sukzessionsstadium wider. Die Ganglinie weist auch während des Winters eine hohe Dynamik und teilweise große Flurabstände auf.
Der Einfluß der organischen Substanz als Auflage oder als Humus im A-Horizont läßt sich aus einer Gegenüberstellung von Standorten abschätzen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Höhe einer an organischer Substanz reicheren Schicht allein noch nicht deren Funktion der Wasserspeicherung bestimmt. Hier spielt sicherlich auch der Zustand des Humus und dessen Größenverteilung eine Rolle. Als Standorte mit einer größeren Humusauflage können gelten:
Während diese Standorte ausgeprägtere Haltephasen zumindest während des Winterhalbjahres aufweisen, zeichnet sich die zweite Gruppe durch tiefere, nicht mehr an die humosen Bodenschichten heranreichenden Ganglinien aus:
Die Standorte 12 (Nadelwald, Höllenau) und 13 (Nadelwald, nördl. Halloh) weisen gestörte Profile auf, die auf eine vorangegangene "Melioration" hinweisen. Die Bodenwasserganglinien verlaufen hier 2 m unter Flur und spiegeln die Niederschlagsereignisse kaum mehr wider.Durch den Einbau der geschlitzten Kunststoffrohre (D=6 cm, Kap. D.3.5) ist möglicherweise im obersten Auflagehorizont ein ungewollter Draineffekt aufgetreten. So weisen einige Pegel (z.B. Nr. 2, 5, 28) Ganglinien auf, die zwar bis an den oberen, humusreicheren Horizont heranreichen, aber nicht in diesen hinein. Diese Standorte sind deshalb vermutlich noch länger wassergesättigt, als dies die Ganglinien ausdrücken.
Die Ergebnisse der Meßsonden beschreiben zwar den Bodenwasserhaushalt in direkter Umgebung des Pegels, sind aber ohne weitergehende Heuristik nicht auf größere Flächen übertragbar. So besitzen z.B. die in enger Nachbarschaft liegenden Pegel 8 und 9 (bei Hartenholm) sich deutlich voneinander unterscheidende Ganglinien: Pegel 8 schwankt deutlich zwischen 60 cm und 140 m, während Pegel 9 nur geringe Schwankungen um 245 cm aufweist.
F.1.3. Fließgewässer als Indikatoren des Wasser- und Stoffhaushaltes des Einzugsgebietes
F.1.3.1. Die Gewässeranalyse am Beispiel von Himmelreichbach, Osterau und Dosenbek
Beispielhaft wurden für eine genauere Betrachtung drei Gewässer in Teileinzugsgebieten der Stör ausgewählt: Der Himmelreichbach, die Osterau und die Dosenbek (vgl. Karte 1). Sie weisen einen unterschiedlichen Grad der Gewässerbewirtschaftung auf. Das Spektrum reicht von einer noch relativ unbeeinflußten Gerinneentwicklung bis hin zur völligen Begradigung und Eintiefung des Laufes. Diese Auswahl versucht, verschiedene Varianten der Ausformung von Bach- bzw. Flußbetten zu erfassen, um sie bezüglich ihres Stoffrückhaltes im Gerinne, d.h. ihrer transportarmen Dissipation, vergleichend gegenüberzustellen. Ihre Einzugsgebiete zeigen dabei sowohl im Hinblick auf die Flächennutzung und somit die Vegetationsausstattung, als auch bezüglich ihrer Größe und Gefälleverhältnisse deutliche Abweichungen voneinander. Somit wurden unterschiedliche das Abflußverhalten beeinflussende Parameter erfaßt.
F.1.3.1.1. Der Himmelreichbach
Der Himmelreichbach ist das kleinste der untersuchten Gewässer. Seine aus Schichtenwasser gespeisten Quellen liegen im Forst Gehege Himmelreich, südlich von Bramstedt. Der Forst bedeckt die sanft abfallende Hangkante der Hohen Geest zur Niederung der Fuhlenau. Der Himmelreichbach fließt ihr in süd-östlicher Richtung zu und mündet in sie. Auf einer Fließstrecke von ca. 2 km wurden 26 Gewässerquerschnitte (Hi 1-26) kartiert (vgl. Karte 2). Dabei überwindet der Bach einen Höhenunterschied von ca. 15 m (Abschätzung nach TK 25). Die Abflußmessungen am Pegel 01 fanden im oberen Abschnitt des Baches zwischen Profil Hi 17 und 18 statt. Der im Wald liegende Gewässerabschnitt von Hi 1-20 erscheint kaum anthropogen beeinflußt (Abb.59). Entlang der weiteren Fließstrecke ist der Lauf zunehmend begradigt und das Gewässerbett ausgebaut und befestigt worden. Die Sohle ist bis zu 1,5 m eingetieft.
Das EinzugsgebietDas Einzugsgebiet des Himmelreichbaches bis zum Pegel 01 liegt auf dem Rücken einer Altmoräne (Hi 1-17). Seine Größe beträgt dort ca. 0,918 km². Es wird überwiegend forstwirtschaftlich genutzt (vgl. Karte Flächennutzung, Anhang 2). Das Gelände ist hügelig und zum Teil recht steil. Den Untergrund bildet Geschiebemergel, bestehend aus lehmigem Sand, durchmischt mit Kies und größeren Steinen. Die abwärts gerichtete Umlagerung feiner Partikel wie Ton und Schluff ließ wasserundurchlässigere Schichten entstehen. Die Bodenbildung ist entsprechend von Stauwasser beeinflußt. Es sind überwiegend Pseudogleye (vgl. Bodenkarte, Anhang 2). Im Vergleich zu den Einzugsgebieten von Osterau und Dosenbek weist der Forst Himmelreich das steilste Gefälle auf (vgl. Karte Hangneigung, Anhang 2). Die Geländeneigung des kleinen Einzugsgebietes und die Ausbildung von wasserstauenden Schichten begünstigen, daß Niederschlagswasser oberirdisch und im Boden lateral rasch dem Gewässer zufließt und zu kurzfristigen Abflußerhöhungen führt. Im Übergangsbereich zur Niederung haben sich in Folge des Grundwassereinflusses Anmoorgleye gebildet (Hi 18-24). Die Niederung der Fuhlenau selber (Hi 25-26) ist flach und weist keine ausgeprägten Gefälleänderungen auf. Als Relikt des dort ehemals hohen Wasserrückhaltes findet sich Niedermoortorf. Die Niederung der Fuhlenau ist heute fast vollständig in Grünland umgewandelt und durch Grabensysteme drainiert.
Abb. 60: Gewässerbettstrukturen des Himmelreichbaches.
Die Gewässerkartierung
Der Himmelreichbach weist besonders in seinen oberen, nicht bewirtschafteten Abschnitten (Hi 1-10) eine kleinräumige Strukturierung des Gewässerbettes auf. Das Gerinne besitzt über weite Strecken eine ausgeprägte Breiten- und Tiefenvarianz mit deutlicher Materialsortierung und zum Teil hohen Formfaktoren. Im mittleren Abschnitt (Hi 11-17) nimmt die Varianz in Breite und Tiefe des Gerinnes ab. An einigen Aufweitungen des Fließquerschnitts (Hi 13 und 16) wird aufgrund der dort herabgesetzten Wasserbewegung vermehrt organische Substanz akkumuliert. Im unteren, zunehmend begradigten und eingetieften Lauf (Hi 18-26) wird die Sohle häufiger aus freigespülten und abgelagerten gröberen Substraten gebildet. Zum Teil ist das Bachbett recht breit (Hi 19-22), so daß sich ein hoher Formfaktor ergibt. Hi 19 bezieht sich dabei auf einen naturnah gestalteten Ausbau des Bettes. Bei Hochwasser tritt der Bach an einigen im Wald gelegenen Abschnitten über die Ufer (Hi 4-7, 11 und 14). In der Niederung verhindert der eingetiefte Lauf, daß der Bach den Talraum überschwemmt.
F.1.3.1.2. Die Osterau
Die Osterau ist das größte der untersuchten Fließgewässer. Sie entsteht aus der Rothenmühlenau und der Radesforder Au, die, aus östlicher Richtung kommend, vor Heidmühlen zusammenfließen. Von mehreren kleineren Zuflüssen gespeist fließt sie in süd-östlicher Richtung Bad Bramstedt zu. Dort mündet sie in die Bramau. Die Osterau wurde streckenweise in den 60er Jahren begradigt. Entlang der gesamten Fließstrecke wurden in zwei Abschnitten insgesamt 25 Querschnitte (OSA 1-25) kartiert (vgl. Karte 3a, 3b in Anhang 2). Bei einer Distanz von ca. 15 km überwindet die Osterau dabei einen Höhenunterschied von ca. 15 m (Abschätzung nach TK 25). Die Querschnitte OSA 1-12 beginnen kurz hinter Heidmühlen und ziehen sich fast bis an den Wildpark Eschholz heran. Die Osterau windet sich dort in Mäandern durch eine hauptsächlich als Weide- und Ackerland genutzte Niederung. OSA 13-25 wurden hinter dem Pegel P 11 in Bimöhlen aufgenommen und erstrecken sich über eine Länge von ca. 2,5 km. Der Flußlauf ist weit geschwungen. Das überwiegend von Wald begrenzte Tal besitzt zum Teil steile Böschungen zum Ufer hin (Abb. 61).
Abb. 61: Die Osterau.
Abb. 62: Gewässerbettstrukturen der Osterau.
Das Einzugsgebiet
Das Einzugsgebiet der Osterau liegt im relativ flachen Bereich der niederen Geest. Am Pegel in Bimöhlen ist es ca. 140 km² groß. Der Untergrund besteht überwiegend aus Sandersanden und ist nährstoffarm. Vereinzelt begrenzen flache Moränenrücken das Einzugsgebiet im Norden und Süden (vgl. Karte Höhenschichten, Anhang 2). Die Bodenbildung in der Niederung ist grundwasserbeeinflußt. Gley-Podsole und Podsol-Gleye bildeten wasserstauende Horizonte aus Eisenoxiden, Eisen und Mangan. In den Senken entwickelten sich weite Nieder- und Hochmoore (vgl. Bodenkarte, Anhang 2). Die Feuchtgebiete sowie die Geomorphologie begünstigen einen verzögerten Abfluß von Niederschlagswasser.
Durch die lange praktizierte Verhüttung des Rasensteins und einen in den 60er Jahren großflächig durchgeführten Tiefenumbruch des Bodens wurden die wasserstauenden Schichten weitgehend zerstört. Die Moore wurden seit dem letzten Jahrhundert entwässert und kultiviert. Heute ist die Niederung nahezu vollständig landwirtschaftlich als Grün- und Ackerland genutzt (vgl. Karte Flächennutzung, Anhang 2).
Die Gewässerkartierung
Im oberen, stärker mäandrierenden Abschnitt der Osterau (OSA 1-12) weist der Lauf zum Zeitpunkt der Kartierung kaum eine ausgeprägte Strukturbildung auf. Obwohl eine deutliche Breiten- und Tiefenvarianz nur selten ausgebildet ist, wurden gewässerspezifisch vier Variationsklassen unterschieden. Die Sohlsubstrate sind über weite Strecken homogen und weiträumig sortiert abgelagert. Es handelt sich fast ausschließlich um Sand und organisches Material. Im besonnten Lauf haben sich Wasserpflanzen angesiedelt (OSA 3). Im unterhalb gelegenen, stärker begradigten Flußlauf (OSA 13-26), findet sich gegenüber der mäandrierenden Fließstrecke eine deutlichere Gerinnestrukturierung. Infolge der dort selbst in Zeiträumen mit Niedrigwasser beschleunigten Verlagerung von Feinmaterial dominieren hier gröbere Substrate. Bei ansteigenden Abflüssen tritt die Osterau entlang der gesamten Fließstrecke nicht über die Ufer.
F.1.3.1.3. Die Dosenbek
Die Quelle der Dosenbek liegt südlich von Negenharrie im Gehege Negenharrie des Staatsforstes Neumünster in Ausläufern des östlichen Hügellandes. Von dort fließt der Bach um das westlich gelegene Dosenmoor. Bei Blocksberg schwenkt er nach Süden um und mündet kurz vor Brachfeld in die Schwale. Die gesamte Fließstrecke ist stark begradigt (Abb. 63), der Lauf zum Teil befestigt und bis zu 1,5 m eingetieft (Karte in Anhang 2, F.1.3 und Abb. 63). Im Bereich des Dosenmoores mündet eine Reihe von Stichgräben in die Dosenbek. Unterhalb von Tungendorf fließt ihr ein weiterer Wiesenbach zu. Entlang der gesamten Lauflänge wurden 21 Querschnitte (Do 1-21) kartiert (Karte in Anhang 2, F.1.3 und Abb. 63). Dabei überwindet der Bach auf einer Distanz von ca. 8 km einen Höhenunterschied von nicht ganz 10 m (Abschätzung nach TK 25). Die Abflußmessungen wurden bei Blocksberg, unterhalb des Dosenmoores, durchgeführt.
Abb. 63: Die Dosenbek.
Abb. 64: Gewässerbettstrukturen der Dosenbek.
Das Einzugsgebiet
Im Nord-Osten wird das Einzugsgebietes der Dosenbek von den flachwelligen Ausläufern des östlichen Hügellandes begrenzt (vgl. Karte Höhenschichten, Anhang 2). Die Erhebungen werden überwiegend aus eiszeitlichen Sedimenten und Geschiebemergel der Grundmoräne gebildet. Prozesse der Verlehmung und Tonverlagerung mit versickerndem Niederschlagswasser ließen wasserstauende Schichten im Boden entstehen. Als Böden stehen in weiten Teilen pseudovergleyte Parabraunerden an. In Mulden konnten sich Niedermoore bilden (vgl. Bodenkarte, Anhang 2). Das Gebiet ist heute überwiegend landwirtschaftlich genutzt. Westlich des Hügellandes schließt sich im Übergang in die Niederung der Geest das Dosenmoor an. Es weist eine Reihe von Entwässerungsgräben auf. Die Größe des Einzugsgebietes am dort aufgestellten Pegel 04 beträgt ca. 16 km². Im sich südlich fortsetzenden Teil bis zur Mündung fließt die Dosenbek durch eine Niederung, deren ufernahe Auenbereiche ehemals vermoort waren. Heute sind sie ackerbaulich bzw. als Grünland genutzt (vgl. Karte Flächennutzung, Anhang 2).
Die Gewässerkartierung
Die Dosenbek weist entlang ihrer gesamten Lauflänge keine kleinräumige Strukturbildung auf. Eine Varianz in der Breite und Tiefe des zum Teil befestigten und durchgängig stark begradigten Bachbettes ist bis auf wenige Ausnahmen nicht vorhanden. Bei der zum Zeitpunkt der Kartierung niedrigen Wasserführung sind Sedimente über weite Strecken homogen abgelagert. Im Bereich des Moores herrscht organisches Material, im abwärtigen Bereich hauptsächlich Sand vor. Im Lauf finden sich nur einige wenige Aufweitungen, in denen eine Materialsortierung erkennbar ist (Do 11, 15, 21). Querschnitt Do 9 zeigt eine einsetzende Strukturbildung durch Wasserpflanzen. Bei Abflußerhöhungen tritt die Dosenbek in der Regel nicht über die Ufer. Nur extreme Hochwasserspitzen können im oberen Lauf und nahe der Mündung zu Überschwemmungen führen (z.B. Do 4 u. 17).
F.1.3.2. Ergebnis
Alle drei Gewässer weisen im Untersuchungszeitraum bei dem geringen landschaftlichen Wirkungsgrad einen stark schwankenden Hydrographen auf (Kap. F.2.1.2). Rückgekoppelt daran dominieren in Zeiträumen ansteigender Abflüsse intensive Materialtransporte im Dissipationsprozeß. Aufrechterhalten werden sie durch Maßnahmen der Gewässerunterhaltung, welche eine Selbststrukturierung der Gerinne in Richtung verlustärmerer Energiedissipation verhindern. Die fehlende Selbstoptimierung der Gewässer und ihre hohe morphologische Dynamik spiegeln sich deutlich in den kartierten morphologischen Parametern wider. Diese ermöglichen jedoch nur in ihrer Gesamtheit und in Verbindung mit dem Hydrographen Aussagen über die Transportprozesse.
Die Varianz des Formfaktors bei Hoch- und Niedrigwasser
Mit Ausnahme einiger Teilabschnitte des Himmelreichbachs (s.u.) weisen alle Gewässer eine kaum nennenswerte Verbesserung des Formfaktors und damit eine fehlende Ausuferung bei Hochwasser auf. Der so in Zeiträumen ansteigender Abflüsse minimierte Strömungswiderstand begünstigt intensive Materialtransporte. Stoffverluste mit der fließenden Welle sind maximiert.
Das Partikelspektrum
Die untersuchten Gewässer weisen größtenteils ein nur gering sortiertes Partikelspektrum auf. Hervorzuheben ist dabei, daß die jeweilige Untergrundbeschaffenheit zwar die dominierende Kornfraktion im Fließgewässer bestimmt, aber nicht ausschließlich für ein homogenes Partikelspektrum verantwortlich gemacht werden kann. So liegt z.B. in der Osterau als einem Sandergewässer zwar vorwiegend, aber nicht ausschließlich sandiges Material vor. Beispiel dafür bildet das Vorkommen gröberer Substratanteile der Profile 9 und 12, die nicht auf Steinschüttungen zurückgeführt werden können. Inwieweit sich diese - mengenmäßig je nach Untergrundbeschaffenheit natürlicherweise ungleich verteilten - Substrattypen sortieren, war Gegenstand der Betrachtung und ist wesentlich von der Abflußschwankung und den Materialeinträgen abhängig.
In den untersuchten Gewässern kann die weitgehend homogene Zusammensetzung des Partikelspektrums auf die temporäre Abflußbeschleunigung infolge extremer Abflußspitzen einerseits sowie die Unterhaltung der Gewässer andererseits zurückgeführt werden. Sie begünstigen eine sich selbst verstärkende Erosion. In den sich eintiefenden und z.T. verbreiternden Gerinnen steigt in Zeiträumen zurückgehender Abflußhöhe extrem der Strömungswiderstand. Temporär dominiert über weite Strecken die Akkumulation auch von feinerem Material. Eine verlangsamte Substratsortierung zwischen den Abflußspitzen und dadurch weitgehend homogene Zusammensetzung der Korngrößenfraktionen im Partikelspektrum der Gewässersohle ist die Folge. Das gering sortierte Partikelspektrum spiegelt somit die hohe Dynamik des Abflusses und rückgekoppelt daran auch der Transportprozesse der Gewässer wider (z.B. HI 18-26, OSA 1-11 und 23-26, DO 1-4, 6-10, 12-19 und 21).
Infolge der Gewässerunterhaltung werden auch in Abschnitten, wo natürlicherweise die Selbstoptimierung durch rückschreitende Auflandung einsetzen würde (Bereiche mit Fließquerschnittsvergrößerung, Kap. B.4.1.2), intensive Materialtransporte aufrechterhalten. Deutlich wird dies z.B. im unteren Lauf des Himmelreichbaches (HI 18-26). Dort tritt dieser in die Niederungen der Fuhlenau ein. Natürlicherweise würde hier durch die Verzögerung der Wasserbewegung eine Sedimentablagerung und Lauferhöhung eintreten. Durch Auflandung und Überschwemmung entständen somit erste Wasser- und Stoffretentionsräume im Gewässerlauf. Durch Begradigung erscheint jedoch die Wasserbewegung derart erhöht, daß auch bei einer mittleren Abflußmenge feinere Partikel kaum noch sedimentieren. Sichtbar im Sohlsubstrat wird dies durch das dort freigespülte bzw. abgelagerte gröbere Material.
Ein weiteres Beispiel bildet der untere Lauf der ursprünglich stark mäandrierenden Osterau (OSA 13-22). Die ehemals gegenüber den oberen Abschnitten verzögerte Wasserbewegung ist, wie auch der Vergleich der Fließgeschwindigkeiten zeigt, durch Begradigung erhöht. Der dadurch selbst in Niedrigwasserzeiträumen gegenüber dem oberen Lauf erhöhte Feinmaterialtransport wird in einem höheren Anteil an freigespülten Grobsubstrat und dem veränderten Partikelspektrum sichtbar (Abb. 65).
Abb. 65: Partikelspektrum der Osterau in einem Bereich stark herabgesetzter (rechts) und stark beschleunigter Fließgeschwindigkeit (links).
In der Dosenbek sind aufgrund der durchgehenden Laufbegradigung bei gleichzeitig häufigen Extremen in den Abflußspitzen (Anhang 2, F.2.1.2) besonders intensive Materialtransporte zu erwarten. Das in großen Mengen eingetragene sandige und organische Material wird so über weite Distanzen flußabwärts verlagert. Nur an wenigen Stellen haben sich durch Selbststrukturierung kleinräumige Geschwindigkeitsgradienten entwickelt, die zu einer größeren Vielfalt der Korngrößen im Partikelspektrum führten (z.B. DO 5, 11, 20).
Die Breiten-Tiefen-Varianz
Eine auffällig hohe Breiten-Tiefen-Varianz, Zeichen einer weitgehend verlustarmen Energiedissipation im Fließgewässer, weist einzig der Himmelreichbach in seinem oberen und mittleren Lauf auf (HI 1-10 und 11-17). Aufgrund der kaum vorhandenen anthropogenen Beeinflussung des Gewässers können sich dort rückgekoppelt an die Schwankungen im Abfluß sowie die Unterschiede im Gefälle orts- und zeitangepaßt Strukturen entwickeln, die den Stofftransport maximal gegenüber der Wasserbewegung verzögern (Materialsortierung, Totholzstaue). Neben der hohen Varianz des Formfaktors und der hohen Vielfalt des Partikelspektrums wird dies insbesondere durch den häufigen und ausgeprägten Wechsel in der Gewässertiefe und -breite sichtbar:
-
-
- Nahe der Quelle (HI 1-3) ist der besonnte Lauf mit Moosen nahezu vollständig zugewachsen (Abb. 66). Durch die verzögernde Rückwirkung der Moose auf die Wasserbewegung wird die Akkumulation transportierten Feinmaterials erhöht; die Gewässertiefe und -breite variiert hier auf engstem Raum. Die sich hier im Gewässer entwickelnde Moosstruktur ist auch für die Selbstoptimierung der Gewässerumgebung von Bedeutung. Mit ihrer Ausbreitung in die angrenzende Fläche trägt sie dort zur Optimierung der Energiedissipation bei. Zusätzliche kleinräumige Verdunstungs- und Kondensationszyklen dämpfen die Temperaturamplitude unter Verlängerung der Feuchtphasen des Bodens. Die dortige Bodenauflage war z.B. auch im trockenen Hochsommer 1994 noch feucht. Ausgehend vom Gewässer entwickeln sich somit hier Strukturen, die den Wasser- und Stoffrückhalt in der Fläche und im Gerinne selbst steigern.
Abb. 66: Moosstruktur im Oberlauf des Himmelreichbachs.
-
-
- Im Oberlauf (HI 1-10) ist das Bachgefälle gegenüber den restlichen Abschnitten am höchsten. Durch die hier vergrößerte Fließgeschwindigkeit des Wassers kommt es selbst in Zeiträumen stark herabgesetzter Abflußhöhe zu einer fortschreitenden Materialsortierung. Der ungehindert ablaufende Selbststrukturierungsprozeß wird in dem kleinräumigen Wechsel verengter und aufgeweiteter Abschnitte, einhergehend mit der hohen Vielfalt im Partikelspektrum, sichtbar. Im Gewässer kann hier orts- und zeitangepaßt der Materialtransport maximal gegenüber der Wasserbewegung verlangsamt werden (Abb. 67).
Abb. 67: Zu Rippelmarken sortiertes Feinmaterial in einem strömungsarmen Abschnitt des Himmelreichbachs.
-
- Eine weitere markante Stelle in der Breiten-Tiefen-Varianz findet sich im Bereich der Kartierquerschnitte HI 4-7, 11, 14. Dort tritt der Bach bei Abflußanstieg rasch über die Ufer, da aufgrund des vergrößerten Fließquerschnitts infolge von Totholzstauen die Wasserbewegung verzögert wird. Ein Teil des eingetragenen und aus den höher gelegenen Abschnitten erodierten Materials wird in der Aue abgelagert. An dieser Fließstrecke maximalen Strömungswiderstandes dominiert somit selbst bei temporären Abflußspitzen die transportarme Energiedissipation.
Insgesamt läßt die ökomorphologische Betrachtung von Himmelreichbach, Osterau und Dosenbek auf eine derzeit hohe Strukturdynamik in allen drei Gewässern rückschließen. Dies kennzeichnet einen geringen Wirkungsgrad der Strukturen ihrer Einzugsgebiete. Die hohen Einträge feinpartikulären und gelösten Materials aus der Fläche in die Fließgewässer können dort insbesondere durch die Gewässerunterhaltung kaum zurückgehalten werden. Das derzeit geringe Stoffrückhaltevermögen der Osterau wird beispielsweise allein schon dadurch belegt, daß in einem Zeitraum von 10 Jahren nach mündlicher Auskunft des Wasserverbandes "Osterau" keinerlei Sohlreinigungen erforderlich waren, um Sandbänke, Sedimentationen und sonstige abflußhemmende Ursachen zu beseitigen. Intensive und weiträumige Materialtransporte in der Dosenbek belegen die mehr als 4000 m3 umfassenden Schlammablagerungen9. Diese Ablagerungen stammen aus der Schwale, in die auch die Dosenbek mündet.
Von Bedeutung ist die hohe morphologische Dynamik im Gerinne auch für den Rückhalt der gelösten Basen. Die Gewässerzönosen finden in den bewirtschafteten Gewässerläufen kaum optimale Bedingungen für ihre Entwicklung. Kleinräumige Habitate fehlen ebenso wie die für Biofilmstrukturen erforderlichen großen und stabilen Oberflächen des Gewässerbettes. Makrophyten, welche die besiedelbare Oberfläche vergrößern, werden durch Entkrautung und die extremen Hochwasserspitzen in ihrer Ausbreitung gehemmt. Zu betonen ist in diesem Zusammenhang, daß unter Berücksichtigung der hohen Eintragsmengen an gelösten Stoffen die Wasservegetation für deren Rückhalt durch Einbau in die Biomasse von nur untergeordneter Bedeutung ist (vgl. Abb. 68). Die vorrangige Bedeutung der Wasservegetation liegt vielmehr im Rückhalt partikulärer Stoffe durch Strukturierung des Gewässerbettes.
Abb. 68: Hochgerechneter temporärer Stoffrückhalt durch Makrophyten im Stör-Gebiet.
Zusammenfassend läßt somit die morphologische Kartierung auf einen äußert geringen Wasser- und Stoffrückhalt sowohl in der Einzugsgebietsfläche als auch in den ihr nachgeordneten Gewässern rückschließen. Der landschaftliche Wirkungsgrad ist nur gering.1Jährliche Depositionsraten in den Freilandniederschlägen (N), in einem Buchenbestand (Nb1) und in einem Fichtenbestand (Nb2) [kg/ha] (nach Ulrich, Mayer & Matzner 1986):
- 2Für die Berechnung verwandte Leitfähigkeitsmeßstellen:
- Sonde Pegel Gewässer
- LF01 P4295 Bach südl. Heinkenborstel
- LF02 P11 Osterau
- LF03 P4135 Stör bei Willenscharen
- LF06 P17 Wegebek
- LF08 P26 Schmalfelder Au
- LF09 P04 Dosenbek
3Führer (1990: 193) ermittelte für vier Teileinzugsgebiete im Krofdorfer Buchenforst (Hessen) Calciumausträge zwischen 26,7 und 68,1 kg Ca/ha/a.
4Wie Bartels (1989:35) für Quellbereiche aus der Region Burbach (Nordrhein-Westfalen) zeigt, liegt die Leitfähigkeit des Bachwassers in anthropogen weitgehend unbeeinflußten Einzugsgebieten nur geringfügig über der Leitfähigkeit des Niederschlages (50-60 µS/cm im Mittel 1987-1990 in Berlin, TU Berlin, FG Limnologie, unveröff.; Körner et al. 1986:198 gehen von 20-30 µS/cm aus). In diesen Quellbereichen liegen die Leitfähigkeiten zwischen 36 und 104 µS/cm. Sie sind größtenteils Feuchtbereiche (Erlenbruch, Quellmoor, -sumpf), wobei sich der geologische Untergrund durch karbonatfreie bis korbonathaltige bzw. alkali- und erdalkalireiche Verhältnisse auszeichnet.
5Aus dem Stör-Gebiet werden natürlich auch land- und forstwirtschaftliche Produkte exportiert. Wenn dafür andere organische Produkte importiert werden, so gleicht dies die Exporte wieder aus.
6Hier ist die Entwicklung bei der Betrachtung der Zeitreihe von 1909 an noch deutlicher.
7Kirchner (1986:103) faßt für sein Untersuchungsgebiet (die bayerischen Flußgebiete) zusammen, daß "markante Änderungen im Niederschlagsregime bei großflächigen Umgestaltungen in der Landnutzung, wenn überhaupt, nur in den Sommermonaten auftreten".
8Schönwiese et al. (1993:22) zeigen, daß die sommerliche Abnahme des Niederschlags bereits größere Gebiete Europas betrifft. Für das Intervall 1891-1990 haben sie für den Monat August ein Abnahmegebiet ermittelt, das von den britischen Inseln bis zur Ostsee reicht. Im Intervall 1961-1990 hat sich dieser Trend erheblich verstärkt.
9KN Holsteiner Zeitung vom 09. Februar 1988.