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G. Planung
G.1. Einleitung und Annahmen
Ziel der Planung ist es, die Stoffverluste der Landschaft zu minimieren und damit deren Nachhaltigkeit zu steigern (vgl. Leitbild, Kap. B.5). Anders als bei herkömmlichen Planungen wird dabei von folgenden Annahmen ausgegangen:
- Die Abgrenzung des Planungsgebietes und eine evtl. kleinräumigere Differenzierung richtet sich nach den Wassereinzugsgebieten und nicht nach den politischen Grenzen.
- Die dargestellten Maßnahmen sind nicht als absolute Anweisungen im Sinne von Festsetzungen, sondern als Vorschläge anzusehen. Diese sollten von den Flächenbewirtschaftern (Land- und Forstwirten) nicht schematisch umgesetzt werden, sondern durch die lokalen Bedingungen modifiziert und an diese angepaßt werden.
- Der räumlichen Planung müssen zumindest grobe zeitliche Angaben zur Umsetzung und zur zeitlichen Veränderbarkeit zugeordnet werden. Die Fixierung statischer Strukturen in der Landschaft widerspräche der als dynamischen Prozeß verstandenen Natur.
- Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind in Teilen für die heutigen Flächenbewirtschafter nur dann tragbar, wenn sie diese entsprechend vergütet bekommen. Daher sollten die Land- und Forstwirte nicht länger die Rolle der Subventionsempfänger einnehmen, sondern für die Bereitstellung von sauberem Oberflächenwasser einschließlich der Erfüllung klimatischer Funktionen leistungsgerecht bezahlt werden. Die ökonomische Implementierung ist in Kap. H näher ausgeführt.
- Die Land- und Forstwirte übernähmen aber nicht nur die Versorgung der Orte mit Wasser und Lebensmitteln, sondern auch deren Entsorgung. Durch die Rückführung geeigneter Klarwässer, Klärschlämme und Komposte in die Landschaft würden die Kreisläufe weiter geschlossen. Die wasserwirtschaftlichen Maßnahmen wären unter diesen Randbedingungen der Flächenbewirtschaftung nachzuordnen.
- Statt einer absoluten Planung werden die Maßnahmen zu jeder Zeit und an jedem Ort durch deren Funktionalität (Senken der Stoffverluste, Schließen der Wasserkreisläufe, Verbesserung des Lokalklimas) relativiert. Deshalb sind alle Handlungen, sowohl deren räumliche (und zeitliche) Ausdehnung als auch die Vergütung der Bewirtschaftung, an den Erfolg der Maßnahmen rückzukoppeln und zu variieren. Meßbar - und damit überprüfbar - wird das Resultat der veränderten Bewirtschaftung, über die Veränderung der Stofffrachten (Kap. F.2.1.4) oder die Veränderung der Oberflächentemperatur. Für letzteres ist eine multitemporale Beobachtung über Satelliten notwendig.
G.2. Planungsgrundlagen
G.2.1. Geomorphologie als Grundlage
Die Bildung und Veränderung der Landschaft, z.B. deren Morphologie oder die Verteilung der Vegetation, beruht in erster Linie auf dem Wasser- und dem daran gekoppelten Stofftransport. Die räumliche Differenzierung dieser Prozesse ist primär durch die Geomorphologie vorgegeben. Sie wird sekundär durch die Vegetation einschließlich der Bewirtschaftung modifiziert bzw. überprägt. Da die Geomorphologie - im Gegensatz zur Bewirtschaftung und damit die Vegetation - durch Planung kaum veränderbar ist, richtet sich die Auswahl der Vorranggebiete zunächst ausschließlich nach ihr.
Der Abfluß des Wassers differenziert die Landschaft durch den Transport gelöster und suspendierter Stoffe in drei Bereiche:
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Ausgehend von den Kuppenlagen werden Basen lediglich ausgewaschen, aber kaum mehr eingetragen. Die Einträge über die Luft machen im Mittel unter 10% der Verluste aus (Kap. F.1.1). Als Basenquelle verbleibt die Verwitterung des anstehenden Gesteins. Urgesteinsböden, wie z.B. Granit, verwittern langsam, so daß die Basennachlieferung zwar länger anhält, aber nur in geringen Mengen stattfindet. Aus Kalkgestein hingegen werden große Basenmengen relativ rasch freigesetzt. An der Oberfläche der sich daraus bildenden Böden verbleibt in beiden Fällen unfruchtbarer und gegenüber Witterung sehr widerstandsfähiger Quarzsand. In der Stör sind überwiegend Mischsubstrate, wie die eiszeitlichen Sande, Ausgangspunkt der Bodenbildung gewesen. Der Anteil verwitterbarer Mineralien ist dementsprechend nur noch gering. Die Kuppenlagen können deshalb auch als Auswaschungsbereiche bezeichnet werden.
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In kleineren Senken, in den Auen, an den Zusammenflüssen von Fließgewässern und in Feuchtgebieten einschließlich Kleingewässern und Seen wird der Wasserfluß abgebremst. Die Oberfläche des Wassers wird in ihnen vergrößert, zumal wenn sich die bespannten Wasserflächen rückgekoppelt an den Wasserfluß (z.B. bei Hochwasser) ausdehnen und ggfs. über die Ufer treten können. In diesen Bereichen wird die Verdunstung des Wassers physikalisch über die vergrößerte Wasseroberfläche und biologisch über die Vegetation gesteigert. Durch den so verzögerten Wasserfluß fallen Partikel und daran angelagerte Basen und Nährstoffe aus, z.B. sedimentieren phosphorhaltige Bodenteilchen. Der längere Aufenthalt des Wassers in der Fläche ermöglicht zusammen mit der vergrößerten Grenzschicht zwischen Wasser und Luft das Entweichen der übersättigten Kohlensäure (vgl. Kap. E.2.2). Dadurch werden Fällungsprozesse gelöster Stoffe, wie z.B. Calciumhydrogenkarbonat, begünstigt.
In Quellgebieten, hier besonders in den Helokrenen (Sumpfquellen), ist es neben der verzögerten Wassergeschwindigkeit auch die Möglichkeit des Entweichens der Kohlensäure, die zur Kalkausfällung führt.
Im Gegensatz zu den Kuppenlagen können diese Gebiete deshalb als Rückhaltebereiche bezeichnet werden. Hier können für längere Zeit mehr gelöste Stoffe festgelegt werden, als ausgewaschen werden. Die dafür notwendigen Voraussetzungen einer längeren Aufenthaltszeit des Wassers sowie einer ausgedehnten Wasser-Luft-Grenzschicht sind jedoch durch die beschleunigte Abführung des Wassers, wie sie z.B. durch Draingräben im Stör-Gebiet erfolgt, kaum mehr gegeben.
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Zwischen Auswaschungs- und Rückhaltebereichen können Gebiete liegen, in denen Stoffverluste und Stoffnachlieferung aus oberhalb liegenden Flächen annähernd ausgeglichen sind, wie z.B. die tiefer gelegenen Hangbereiche. Ihr Flächenanteil nimmt mit zunehmender Degradierung des Gebietes nichtlinear zugunsten der Auswaschungsbereiche ab. Die Geschwindigkeit des Abflusses und damit des Stofftransportes hängt hier neben der Vegetation auch von der Hangneigung ab. Steilere Hanglagen sind deshalb ähnlich den Kuppenlagen stärker von der Auswaschung betroffen.
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Die Ursachen für die derzeit weiträumig maximierten Prozesse der Stofflösung und -verlagerung sind hauptsächlich in der Art und Weise der hoch nettoproduktiven Flächenbewirtschaftung und der ungenügenden Energieflußdichteabsenkung dieser Flächen zu sehen. Die gelösten und mit dem abfließenden Niederschlagswasser verlagerten Basen und Nährstoffe werden jedoch nur dann als irreversible Stoffverluste in die Fließgewässer wirksam, wenn sie nicht durch geeignete Rückhaltestrukturen aufgefangen werden. Beispielsweise sorgte die ausgedehntere Verbreitung der Feuchtgebiete noch vor 100 Jahren dafür, daß trotz einer bereits nettoproduktiven Wirtschaftsweise die Stoffverluste deutlich geringer als heute waren. Dies belegen die aus Seesedimenten abgeleiteten Ablagerungsraten (Digerfeldt 1972). Die Zerstörung der Feuchtgebiete im Zuge der landwirtschaftlichen "Melioration" und Flurbereinigung vernichtete damit eine für den Stoffrückhalt wesentliche, funktionale Komponente der Landschaft, obwohl die damit nur vordergründig und kurzzeitig "gewonnenen" Flächen nur einen kleinen Teil der Gesamtfläche ausmachten.
Dem hier vorgestellten Planungsansatz soll diese Nichtlinearität zwischen räumlicher Verteilung der Feuchtgebiete und deren Funktion für das Gesamtgebiet, wie z.B. der Stoffrückhalt, zugrunde gelegt werden. Auf diese Weise ist eine deutlich höhere Maßnahmeneffizienz zu erwarten als bei Maßnahmen, die entweder auf der ganzen Fläche zugleich ansetzen oder sich nur auf ausgewählte Naturschutzgebiete beschränken. Dazu sind die verloren gegangenen Feuchtgebiete gezielt wiederherzustellen bzw. in Teilen neu anzulegen.
Die Kuppenlagen erfahren als Auswaschungsbereiche in der Planung besondere Berücksichtigung, da hier die Vegetation zuerst beginnt, aus Basenmangel schütter zu werden und letztlich auszufallen. Selbst bei einem (unwahrscheinlichen) linearen Austrag nähme die betroffene Fläche durch ihre anwachsende Randlinie nichtlinear zu. Es ist also zu befürchten, daß dieser von den Auswaschungsbereichen ausgehende Devastierungsprozeß, einmal in Gang gekommen, nur noch sehr energie- und kostenaufwendig zu stoppen ist. Die hohen Stoffausträge aus der gesamten Bundesrepublik (vgl. Kap. H.1) deuten darauf hin, daß es sich hier nicht um einen lokal beschränkten Effekt handelt. Die zeitweilige Versauerung der Waldböden in eben solchen Kuppenlagen, wie z.B. im Harz oder Schwarzwald, sind bereits in diesen Zusammenhang zu sehen.
Die beschleunigte Degradation der Kuppenlagen führt zugleich zu einer Beeinträchtigung des Wirkungsgrades der angrenzenden Flächen: Die nicht in den devastierten Flächen umgesetzte Energie wird über einen beschleunigten Luftmassentransport zwischen ihnen und den benachbarten Flächen dissipiert. Dort kann es dadurch zu erhöhter Verdunstung kommen, solange ausreichend Wasser zur Verfügung steht (vgl. Kap. B.2.1). Mit dem beginnenden Rückgang der sommerlichen Niederschlagsmengen (vgl. Kap. F.1.2) wächst die Wahrscheinlichkeit für diese Flächen, auszutrocknen. In der Folge ist hier der Stoffverlustprozeß beschleunigt (positiv rückgekoppelt). Mit der räumlichen Ausdehnung der devastierten Kuppenlagen ist ein zunehmender Einfluß auf die Niederschläge bis hin zu einer deutlichen regionalen Klimaveränderung zu befürchten. Unter diesen Randbedingungen müßte die Land- und Forstwirtschaft in ihrer bisherigen Form eingestellt werden.
Für die Planung bedeutet dies, daß die Kuppenlagen, solange diese an Basen verarmten Flächen noch relativ gering sind, aus der Nutzung genommen werden sollten. Zumindest weitgehend unbewirtschaftete Wälder würden auf den Kuppenlagen energiedissipative Prozessoren erhalten; Schäden für die angrenzenden Flächen wären unwahrscheinlicher.
G.2.2. Bedeutung der Vegetation
Die Flächennutzung modifiziert die durch die Geomorphologie vorgegebenen Prozesse im Wasser- und Stoffhaushalt bzw. deren Geschwindigkeiten. So kann z.B. der Abfluß durch Waldflächen vergleichmäßigt werden. Die wichtigste Auswirkung der Vegetation ist eine Optimierung des landschaftlichen Wirkungsgrades. Sie nimmt dadurch in folgender Form Einfluß auf die Stofftransporte:
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Die Vegetation bestimmt den Energieumsatz auf der Fläche selbst. Anzustreben ist eine hohe Bruttoprimärproduktion bei möglichst geringer Nettoprimärproduktion. Stofflösung und -verlagerung sind unter diesen Bedingungen minimiert. Die Temperaturkurve verläuft ausgeglichener; der landschaftliche Wirkungsgrad ist hoch.
Bei geringer Produktion oder lediglich hoher Nettoprimärproduktion ist mit höheren Stoffverlusten zu rechnen. Während die Temperatur bei hoher Nettoproduktion während der Wachstumsphasen ausgeglichener sein kann, steigen die Varianzen der Temperatur bei insgesamt geringer Produktion stark an. Der Wirkungsgrad ist gering. -
Ist die Energiedissipation auf der Fläche selbst weitgehend vollständig, so sind keine Potentiale mehr vorhanden, die zu einer Beeinträchtigung benachbarter Flächen führten. Bei geringem Wirkungsgrad dagegen sind erhöhte Potentiale für dissipative Luftmassentransporte vorhanden (Kap. B.2.1, Abb. 5). Solange den angrenzenden Flächen genügend Wasser zur Verdunstung zur Verfügung steht, ist in ihnen mit keinen Schäden zu rechnen. Tritt zeitweilig Wassermangel auf, so werden dort wechselfeuchte Phasen häufiger und Stoffverluste induziert. In der Planung ist anzustreben, solche Beeinflussungen durch die Steigerung des Wirkungsgrades zu verringern.
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Beschleunigend auf den Stofftransport wirkt sich der Fluß des Bodenwassers aus einer Fläche höheren Wirkungsgrades in eine Fläche geringeren Wirkungsgrades aus. Da das Potential durch die Bewirtschaftung ständig aufrecht erhalten wird, kann der Stofftransport fortgesetzt werden. Der Wasserfluß unterliegt, da er nicht mehr durch Verdunstung gebremst wird, einer Beschleunigung. Eine Stoffestlegung in den Flächen geringeren Wirkungsgrades erfolgt im günstigsten Falle temporär. Beispiele dafür sind Äcker, die während ihrer kurzen Phase hoher Nettoproduktivität Basen benötigen und viel Wasser verdunsten.
Die durch die Geomorphologie vorgegebene Richtung des Wasser- und Stofftransportes verbindet unterschiedliche Vegetationsbestände. An den Schnittstellen zwischen den Vegetationsbeständen, den Ökotonen (vgl. Kap. D.6.2), können sich bei unterschiedlichem Wirkungsgrad Potentiale im Wasser- und Stoffhaushalt und in der Temperatur ausbilden, die mit einer erhöhten Prozeßdichte einhergehen. Diese Potentiale können sich für den Stofftransport sowohl bremsend als auch beschleunigend auswirken:
Bremsend für den Stofftransport wirkt sich der Wasserfluß aus Flächen niedrigeren Wirkungsgrades in Flächen höheren Wirkungsgrades aus, z.B. von einer Wiese in einen Wald. Durch eine höhere Verdunstung können hier die im Wasser mitgeführten Stoffe vermehrt ausfallen. Bei hoher Produktivität der Vegetation werden die Stoffe aufgenommen und im biologischen Kreislauf festgelegt. Der Effekt ist vergleichbar dem einer Aue (s.o.), so daß bezogen auf die Dynamik im Bodenwasser- und Stoffhaushalt von einer "biogenen virtuellen Abflachung" gesprochen werden kann.
In der Ermittlung des Wirkungsgrades (Kap. D.6.4) sind diese Überlegungen bereits weitgehend eingegangen. Bisher nicht berücksichtigt ist jedoch die Richtung der Ökotone (abbremsend oder beschleunigend).
G.3. Ausweisung der Vorranggebiete
In der Karte der Vorranggebiete sind die Flächen ausgewiesen, die entweder sehr empfindlich auf den Auswaschungsprozeß reagieren oder Flächen, deren Umgestaltung einen hohen Stoffrückhalt und damit eine hohe Maßnahmeneffizienz erwarten lassen.
Die Methodik zur Kartenerstellung wurde bereits in Kap. D.6.5 dargestellt. Die Bearbeitung der Karte erfolgte im Maßstab 1:100 000, wenngleich die Datengrundlagen in einem größeren Maßstab erfaßt wurden. Es wird jedoch darauf hingewiesen, daß eine direkte Übertragung der Karte in einen größeren Maßstab, etwa 1:25 000, nicht ohne weitere Bearbeitung sinnvoll ist, da dann z.B. Einzelhöfe fehlen oder Ungenauigkeiten durch das verwendete DHM auftreten.
Die Verteilung der Flächenanteile der Vorranggebiete für jeden Berechnungsabschnitt zeigt die Abb. in Anhang 2, G.3. Danach sind 23% der Fläche des gesamten Gebietes als Vorrangfläche zur Verbesserung des Wasserhaushaltes und zur Steigerung der Nachhaltigkeit ausgewiesen, 70% der Fläche für die Land- und Forstwirtschaft und 7% als Siedlung. Die 23% der Vorrangflächen zur Steigerung der Nachhaltigkeit teilen sich auf in 9% Kuppenlagen, 3% Quellbereiche und 11% gewässerbegleitende Feuchtgebiete (Fangsysteme). Der Anteil an steileren Hängen ist verschwindend gering.
In der vorliegenden Karte wurden die Vorranggebiete räumlich konkretisiert. Dabei ist zu beachten, daß durch Wahl der Klassifizierungsschritte (vgl. D.6.5) die flächige Ausdehnung veränderbar ist. Die für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Landschaft notwendige Gesamtfläche kann erst schrittweise durch eine verbesserte Heuristik (Kap. D.1.) genauer bestimmt werden. Insofern stellen die aus der Karte abgeleiteten Flächenanteile eine erste Abschätzung dar. Dies gilt auch für die Verhältnisse der unterschiedlichen Typen der Vorranggebiete.
G.4. Abgestufter Handlungsbedarf
Damit die Landschaft dauerhaft als Grundlage für die Gesellschaft bewirtschaftet werden kann, müssen die derzeitigen Stoffverluste (Kap. F.2.1.4) minimiert werden. Für die Differenzierung innerhalb der Teileinzugsgebiete ist die relative Lage der Flächen im Teileinzugsgebiet maßgebend. Die Maßnahmen sollten mit den weiter oberhalb liegenden Flächen beginnen und, dem Gewässer folgend, fortgeführt werden. So wirkt sich z.B. die Veränderung des Hydrographen durch vermehrte Feuchtflächen bereits entlastend im flußabwärts liegenden Bereich aus, während umgekehrt die Anstrengungen möglicherweise schon bald durch eine Flutwelle zunichte gemacht würden.
Die Dringlichkeit dieser Maßnahmen ist an der bisherigen Erfüllung der den Flächen zugedachten Funktionen festzumachen. Die gewässer- und quellbegleitenden Feuchtgebiete bestehen heute nur noch in Ausnahmefällen. Ihre Entwicklung ist deshalb vordringlich zumindest wieder zuzulassen (Kap. 5.3). Während unterstützende Maßnahmen auf bisherigen Acker- und Grünlandstandorten vordringlich sind, sind aktive Maßnahmen im Wald nur in Ausnahmefällen (z.B. bei extremer Drainage) erforderlich. Der Handlungsbedarf auf Kuppen und Steillagen kann anhand der Abschätzung des Wirkungsgrades bestimmt werden. Auf Flächen, die nur einen geringen Wirkungsgrad aufweisen, sind vordringlich Maßnahmen einzuleiten.
Die Abstufung des Handlungsbedarfs ermöglicht es, eine größermaßstäbliche Maßnahmenplanung abzuleiten. Dabei sind die lokalen Besonderheiten entsprechend zu berücksichtigen. Anhand der Prioritierung könnte nicht nur eine räumliche, sondern auch eine zeitliche Entwicklung dargestellt werden. Dies war im Rahmen des Projektes leider nicht möglich.
G.5. Module zur Umsetzung
Um die beschriebenen Möglichkeiten zur Verringerung der Stoffverluste operabel zu machen, sollen Planungsmodule bzw. -vorschläge zunächst in allgemeiner Form beschrieben werden. Diese sind dann für die spezielle Situation der Teilgebiete anzupassen.
G.5.1. Kuppenlagen
Kuppenlagen sollten eine dauerhafte Vegetation aufweisen, die in der Lage ist, ausreichend Niederschlagswasser zu speichern, um die Energiedissipation nahezu vollständig in physikalischen und biologischen Kreisprozessen zu ermöglichen. Dafür kommt in erster Linie ein weitgehend unbewirtschafteter Wald in Frage. Es wird vorgeschlagen, die Basenvorräte durch geeignete Aschen und Klärschlämme wieder zu ergänzen. Eine Bewirtschaftung als Plenterwald wäre möglich, wenn die Holzentnahme behutsam erfolgte und zum Ausgleich entsprechend Basen und Nährstoffe nachgedüngt würden. Dort, wo bereits Wälder auf den Kuppenlagen stocken, sollten diese natürlich erhalten bleiben und langsam in naturnahe Mischwälder mit dominierenden Laubhölzern überführt werden. Statt der heute im Gebiet vorhandenen Altersklassenwälder sollte auf eine entsprechende Altersmischung geachtet werden. Auf noch nicht bewaldeten Kuppenlagen könnten entsprechende Bestände unter starker Beteiligung der Buche (Fagus sylvatica) begründet werden. Die Ergebnisse der Temperaturmessung (Kap. E.1.1) zeigen, daß die Temperatur im Buchenbestand besonders ausgeglichen verläuft.
Diese Wälder könnten der Bevölkerung auch zur Erholung dienen. Der herkömmliche Naturschutz profitierte ebenfalls davon, da hier für die naturraumtypischen Arten des Waldes (z.B. Schwarzspecht) geeignete Flächen geschaffen würden.
G.5.2. Steilhänge
Steilhänge sind im Einzugsgebiet der Stör nur zu einem verschwindend geringen Anteil vorhanden. Trotzdem sollten diese wie die Kuppenlagen mit einem nicht oder nur extensiv bewirtschafteten Wald bestanden sein.
G.5.3. Fangsysteme entlang der Gewässer und Maßnahmen im Gewässer
Die Abbremsung des Wassers in der Aue ist heute durch die intensivierte Flächennutzung mit Draingräben kaum mehr gegeben. Die sich unter natürlichen Bedingungen in der Aue entwickelnden Feuchtgebiete, wie Niedermoore oder Erlenbruchwälder, fehlen weitgehend. Ihre Funktion für den Stoffrückhalt der Landschaft und die Verdunstung von Wasser soll durch die Wiederherstellung bzw. Neuanlage von Feuchtgebieten wieder aktiviert werden.
Bedingt durch den unter der heutigen Landbewirtschaftung aufgesteilten Hydrographen haben sich die Gewässer tief eingeschnitten, so daß die Abführung des Wassers beschleunigt erfolgt. Für die Planung retentiver Systeme ergeben sich hieraus zwei wesentliche Probleme:
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Die Anlage von Feuchtgebieten ist in der Aue kaum möglich, da ihnen auch in Gewässernähe durch die Dränwirkung der eingeschnittenen Fließgewässer häufig das Wasser fehlt.
- Die Verdunstung des Wassers in der Aue ist durch seinen beschleunigten Transportprozeß reduziert. Damit verliert die Aue ihre Bedeutung für den Wasser- und Stoffhaushalt des Einzugsgebietes. Außerdem kann die Kohlensäure trotz ihrer Übersättigung kaum entweichen und der damit verbundene Ausfällungsprozeß kaum stattfinden, da der Transportprozeß zu schnell und die Wasser-Luft-Grenzschicht zu gering ist (vgl. E.2.2).
Den eingezwängten Gewässern wäre wieder der Raum zu geben, über die Ufer zu treten und sich zu verbreitern. Bei den Entwässerungsgräben könnte eine teilweise Aufgabe der Grabenräumung bereits innerhalb weniger Jahre eine Verbesserung des Zustandes bewirken. Die ursprünglich natürlichen, später ausgebauten und/oder vertieften Gewässer hingegen würden durch die Abflußspitzen weiterhin ausgeräumt, solange der Hydrograph durch eine Änderung der Flächenbewirtschaftung nicht gedämpft ist. Da selbst im Falle einer raschen Umsetzung der Maßnahmen erst von einer langsamen Änderung des Hydrographen auszugehen ist (z.B. aufgrund des langsamen Gehölzwachstums), erscheinen lediglich punktuelle Eingriffe zur Beschleunigung der Aufweitung der Gewässer und der Steigerung der Breiten-Tiefen-Varianz sinnvoll. Einzelne Aufweitungen und Stauschwellen könnten bereits zu einer verstärkten Dynamisierung des bislang durch das vorgegebene Profil fixierten Gewässerlaufes und damit zu einer größeren Dissipativität des Gewässerbettes führen.
Aufgrund des zu Beginn der Maßnahmen noch nicht ausreichend gedämpften Hydrographen sollen die vorgeschlagenen Feuchtgebiete zunächst in und an den Oberläufen der Gewässer realisiert werden. Sie tragen dann dazu bei, den Hydrographen in weiter unterhalb gelegenen Flächen zu vergleichmäßigen und begünstigen so dort die schrittweise Anlage von Feuchtgebieten. Der besondere Wert der Feuchtpflanzen für den Stoffrückhalt ergibt sich aus folgenden Eigenschaften:
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Durch die hohe Verdunstung wird der Wasserfluß abgebremst; mitgeführte Stoffe können vermehrt ausfallen. Durch die Abbremsung und damit verbundene längere Aufenthaltszeit des Wassers können außerdem die über den Oberflächenabfluß eingeschwemmten Partikel sedimentieren.
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Aufgrund ihrer hohen Produktivität können die Pflanzen Basen und Nährstoffe aus dem Wasser entnehmen und im biologischen Kreislauf festlegen. Durch die Entnahme von Kohlensäure während der Produktionsphasen, z.B. über die Wurzeln oder durch Algenaufwuchs, wird die Retention über Fällungsprozesse verstärkt.
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Die Vergrößerung der Grenzfläche Wasser-Luft durch die flache Morphologie der Feuchtgebiete bzw. durch die hohe benetzte Pflanzenoberfläche erleichtert den Ausgleich der Kohlensäure-Übersättigung mit der Atmosphäre und damit die Kalkfällung.
- Anders als in anderen Landökosystemen sind Feuchtgebiete eher akkumulative Systeme, in denen mehr Biomasse aufgebaut als abgebaut wird. Dies liegt an der Dauerfeuchte, die die Zersetzung hemmt. Beispiele sind die Torfbildung aus Schilf, Seggen oder Torfmoos. Daher ist bei Feuchtgebieten die Möglichkeit einer qualitativ anderen, verlustfreien Bewirtschaftungsweise gegeben.
Auch Feuchtgebiete unterliegen einer natürlichen Sukzession. Die hohe Produktivität, die z.B. in Schilf- oder Rohrkolbenbeständen vorherrscht, ist z.B. in bestimmten Seggen- oder Torfmoosgesellschaften nicht mehr zu erwarten. Mit sinkender Produktivität wird aber auch die Aufgabe der neu angelegten Fangsysteme nur bedingt erfüllt. Neben der Festlegung muß dann die Rückführung der Basenstoffe in die Fläche erfolgen, um die geöffneten Kreisläufe in der Landschaft schließen zu können. Dazu ist eine angepaßte Bewirtschaftung der Feuchtgebiete notwendig. Es ist anzustreben, die geerntete Biomasse, bevor sie auf die höher gelegenen Teile des Einzugsgebietes zurückgebracht wird, zu nutzen. Dabei kommt z.B. die Nutzung als Kohlenstoffquelle zur Nahrungsmittelherstellung über Nahrungsketten, als Energieträger, die Herstellung von Industriealkohol oder von Baustoffen in Betracht.
Für die wieder zu errichtenden Feuchtgebiete sind grundsätzlich verschiedene Lösungen denkbar. Im folgenden sind einige beispielhaft dargestellt.
G.5.3.1. Typ "Gewässerbegleitende Fangsysteme"
Gewässerbegleitende Feuchtgebiete werden von dem aus der Landschaft abfließenden Wasser durchströmt, bevor es das Fließgewässer erreicht. In der sich an das Gewässer anschließenden Zone wird das Wasser aufgrund des hohen Grundwasserstandes relativ oberflächennah fließen, so daß es für die Vegetation erreichbar ist. Die Feuchtgebiete können sich ausbilden, sobald der Wasserhaushalt der Flächen den Lebensraumansprüchen der Feuchtpflanzen entspricht und andere Nutzungsformen, wie Mahd, aufgegeben werden. Die künstliche Ansiedlung (Anpflanzung, Ansaat, Halmstecklinge etc.) der Feuchtpflanzen anstelle der Sukzession wird nur in Ausnahmefällen und in Form von Initialpflanzungen erforderlich sein.
Von der Bewirtschaftung könnte ein direkt an das Gewässer angrenzender Streifen ausgenommen werden.
Gewässerbegleitende Fangsysteme sind prinzipiell an allen Oberflächengewässern, auch an größeren, denkbar.
G.5.3.2. Typ "Temporäre Feuchtgebietskaskaden"
In der Aue befindet sich eine Reihe von Stauschwellen, die eine Kaskade von Poldern bilden, die je nach Bedarf aufgestaut oder abgelassen werden können. Während jeweils ein (oder mehrere) Polder bespannt sind, können die unbespannten z.B. als Grünland verwendet werden. Die Polder sollten nur sehr flach sein, z.B. etwa 20-30 cm tief, um eine relativ große Wasser-Luft-Grenzschicht zu schaffen. Dabei wird die Verdunstung maximiert. Mitgeführte Partikel sedimentieren aufgrund der längeren Aufenthaltszeit des Wassers. Die Kaskaden sind in zwei Varianten betreibbar:
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Abb. 87: Gewässerbegleitende Fangsysteme.
Abb. 88: Temporäre Feuchtgebietskaskaden.
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Die Polder werden nur für relativ kurze Zeit, z.B. 2 Jahre, bespannt. Durch die hohe Produktivität von Unterwasserpflanzen, wie z.B. Elodea oder Callitriche, kann es zur Ausfällung von Kalk kommen. Diese Pflanzen entnehmen die Kohlensäure zur Photosynthese direkt dem Wasser.
- Wenn die Polder jeweils für längere Zeit, z.B. mehrere Jahre, bespannt sind, kann sich ein hoch produktives Röhricht entwickeln. Mögliche Arten wären Typha latifolia, Phalaris arundinacea oder Glyceria fluitans.
Diese Art der Polderwirtschaft ist vor allem in der Aue der Oberläufe denkbar. Für die größeren Flüsse ist sie weniger geeignet.
G.5.3.3. Typ "Feuchtgebiet mit Rieselstrecke"
Die Grundidee dieses Feuchtgebietstypes ist es, eine möglichst große Wasser-Luft-Grenzschicht zu erzeugen, um so die Ausfällung von Stoffen zu ermöglichen. Natürliches Vorbild dafür sind Helokrene (Sickerquellen). Unter entsprechenden Bedingungen kann hier soviel Kalk ausfallen, daß Kalktuff aufgebaut wird. Dazu trägt die große Oberfläche und Verdunstung der Vegetation bei, die durch das Überrieseln immer wieder benetzt wird.
Realisiert werden könnte dies durch eine Stauschwelle, die das Gewässer mit dem natürlichen Gefälle in zwei künstliche, blinde Gräben leitet. Am Ende der beiden Gräben träte das Wasser flächig über die Grabenschulter und sickerte durch das Feuchtgebiet. Das Feuchtgebiet selbst wäre mit Pflanzen, wie z.B. Glyceria fluitans, Iris pseudacorus oder Juncus, bestanden. Das Wasser flösse dann wieder dem Bachlauf zu und über diesen ab. Bei hoher hydraulischer Belastung könnte die Stauschwelle an vorgesehener Stelle überströmt werden und dadurch eine Beschädigung der Anlage vermieden werden.
Dieser Feuchtgebietstyp bietet sich vor allem für kleine Bäche im Oberlauf an.
G.5.4. Feuchtgebiete in Quellbereichen und an Gewässer-Zusammenflüssen
Sowohl Quellgebiete als auch die Zusammenflüsse der Gewässer sind Bereiche, die ursprünglich als Feuchtgebiete besonders zur Dämpfung des Hydrographen beigetragen haben. In den Quellgebieten sammelte sich das aus der Landschaft stammende Wasser verstärkt an und konnte in den mit Feuchtvegetation ausgestatteten Quellsümpfen oder Quellmooren zumindest teilweise gespeichert und verdunstet werden. An den Zusammenflüssen der Gewässer wurden während der Hochwasserphasen durch den entstehenden Rückstau die angrenzenden Bereiche überflutet. Je nach der Häufigkeit und Dauer des Überstaues konnten sich hier Feuchtpflanzen, v.a. aber Gehölze wie Weiden und Erlen, ansiedeln. Sie profitierten von dem Rückhalt gelöster und partikulärer Basen und Nährstoffe und verbesserten diesen durch Verdunstung und die Wasserspeicherung des Detritus. Sowohl Quellgebiete als auch Überflutungsgebiete wurden drainiert und damit die Hochwässer für die Siedlungen bedrohlicher.
Die Entwicklung der Quellgebiete zu Feuchtgebieten sollte deshalb wieder ermöglicht werden. Vorhandene Drainagen und Gräben sollten geschlossen und andere Nutzungen aufgegeben werden. Größere Quellgebiete können möglicherweise ähnlich den Fangsystemen bewirtschaftet werden.
Abb. 89: Feuchtgebiet mit Rieselstrecke
Die Überflutung von Flächen an den Gewässerzusammenflüssen, deren Ausweisung im vorliegenden Bericht noch nicht erfolgte, muß wieder zugelassen werden. Die Eintiefung der Fließgewässer könnte hier durch punktuelle Maßnahmen, wie höhere Sohlschwellen, langsam wieder aufgehoben werden. Grundsätzlich sind unterschiedliche Möglichkeiten der Bewirtschaftung dieser Feuchtgebiete denkbar:- Die häufiger überfluteten Bereiche können sich als Feuchtgebiete mit Schilf (Phragmites communis) entwickeln, die langsam in Feuchtwiesen übergehen.
- Statt dessen ist auch die Begründung eines Feuchtwaldes, etwa aus Erlen, möglich. Um die Retentions-Funktion aufrecht zu erhalten, ist ein gemischtaltriger Bestandsaufbau mit Plenterung zu bevorzugen.
G.5.5. Polder zur Rückhaltung von Klarwasser
Während die zuvor beschriebenen Vorranggebiete in ihrer räumlichen Lage direkt aus der Geomorphologie abgeleitet werden konnten, ist dies für die Polder zur Rückhaltung von Klarwässern nicht der Fall. Unter Klarwasser wird biologisch gereinigtes Abwasser verstanden, das trotz der physikalischen und biologischen Klärung noch einen erheblichen Anteil an pflanzenverwendbaren Basen und Nährstoffen enthält. Diese wertvollen Stoffe sollten nicht, wie bisher, über die Vorfluter irreversibel in das Meer abgeleitet werden, sondern in die biologischen Kreisläufe der Landschaft zurückgeführt werden. Dadurch wird auch die Qualität der Oberflächengewässer verbessert. - Von einer Verwendung in der Landschaft ausgeschlossen sind mit Schwermetallen und organischen Schadstoffen belastete industrielle Abwässer.
Jeder Kläranlage im Störgebiet sollten deshalb Flächen zugeordnet werden, in die das Klarwasser in Form von Poldern eingeleitet werden kann. Für die Nutzung des Klarwassers bestehen mehrere Möglichkeiten:
- Die Polder werden mit Feuchtgebietspflanzen bepflanzt. Durch die
kontinuierliche Nachlieferung der Nährstoffe kann hier
Biomasse mit einer sehr hohen Produktivität produziert
werden. Dafür kommt besonders Schilf (Phragmites communis)
in Frage. Um die Produktivität und damit sowohl Verdunstung als
auch Stofffestlegung dauerhaft hoch zu halten, ist eine
entsprechende Bewirtschaftung erforderlich (vgl. Ripl, Hildmann
& Janssen 1994).
Diese Feuchtgebiete wären ausreichend zu dimensionieren. Im Idealfall träte während der Sommermonate kein Abfluß aus den Poldern auf. Größenordnungen von etwa 50 m2/EWG wären zu diskutieren. - Statt der Anlage von Schilfpoldern wäre auch eine Nutzung zur Fischzucht (z.B. Karpfen) denkbar, nachdem das Wasser einen kleineren Schilfpolder zur Nachklärung durchströmt hat.
Um die Stoffkreisläufe zu schließen, ist nicht nur eine Rückführung der Klarwässer, sondern verstärkt auch der Klärschlämme anzustreben. Klärschlämme aus häuslichen Abwässern enthalten in der Regel nur sehr geringe Mengen bedenklicher Inhaltsstoffe. Sie könnten sowohl in der Landwirtschaft als auch zum Aufbau bereits verarmter Böden, z.B. in den Kuppenlagen, dienen.
G.5.6. Bewirtschaftung auf den Flächen für die Land- und Forstwirtschaft
Die Bewirtschaftung außerhalb der Vorrangflächen zur Steigerung der Nachhaltigkeit wird in der vorliegenden Planung nicht weiter differenziert. Unter den angenommenen Randbedingungen (vgl. Kap. G.1, H.2) wäre durch das vorhandene Eigeninteresse der Land- und Forstwirte an einer nachhaltigen Landschaftsnutzung eine weitergehende Ausweisung von Schutzgebieten nicht erforderlich. Bei einer Rückkopplung des Verdienstes der "Wasserwirte" an die Beschaffenheit der Oberflächengewässer könnte eine anhaltende, auf die Nachhaltigkeit bezogene, Optimierung der Bewirtschaftung einsetzen. Neben der Bewirtschaftung von Feuchtgebieten könnten sich Wirtschaftsweisen entwickeln, bei denen die Verluste durch die direkte Kopplung mit Fangsystemen weiter reduziert würden. Möglich wäre auch eine auf geringer Grundfläche sehr intensive Produktion von Nahrungsmitteln, wie sie z.B. in Gewächshochhäusern in der Nähe von Neumünster, denkbar ist.
Solange die Randbedingungen für eine nachhaltige Flächenbewirtschaftung nicht gesetzt sind (Kap. H), ist eine Veränderung der Wirtschaftsweise kaum zu steuern. Schon jetzt können jedoch Maßnahmen im Bereich der Vorranggebiete richtungssicher durchgeführt werden.
G.5.7. Siedlungsentwicklung
Die Entwicklung der Siedlungen, Städte und Dörfer ist ursprünglich das Ergebnis einer Steigerung des gesellschaftlichen Wirkungsgrades. Der Zusammenschluß von Menschen ermöglichte es, die Effizienz durch Arbeitsteilung und Spezialisierung zu steigern und stoffliche Verluste zu senken. Die entstehenden Städte bündelten die Arbeitsprozesse räumlich und zeitlich: Markt, Verwaltung, Schulen und kulturelles Zentrum (im Mittelalter auch Schutz) sind gesellschaftliche Funktionen, die außerhalb der Stadt nur eingeschränkt realisierbar waren. Der Wirkungsgrad der gesamten Gesellschaft konnte dadurch erhöht werden. Die Notwendigkeit der Ver- und Entsorgung (Trinkwasser - Abwasser, Lebensmittel - Abfälle) stellte eine enge Rückkopplung der Stadt an ihre physische Basis, ihr Umland her, die auch die Ausdehnung der Stadt begrenzte (Ripl & Hildmann 1995).
Durch den Einsatz von Fremdenergie (z.B. Kohle, Erdöl) und dem darauf basierenden Maschineneinsatz in der sich entwickelnden Industrie nahm allmählich die Notwendigkeit ab, die gesellschaftlichen Funktionen der Stadt an einem Ort zu konzentrieren. Die Stadt hob nicht mehr den Wirkungsgrad für die Gesellschaft an, sondern senkte ihn ab. Die Struktur der Stadt begann mit abnehmender gesellschaftlicher Funktionalität und verringerter Effizienz durch angewachsene zentrale Verwaltungen auszuufern und wächst unkontrolliert in die Landschaft hinein (Ripl & Hildmann 1995). Die Versorgung dieser Siedlungsstrukturen ist nur mit einem hohen Anteil an Fremdenergie möglich, der aber langfristig nicht gesichert erscheint (Kap. H.2.1).
Die Siedlungen sind von dem Ideal einer "reifen" ZKS noch weit entfernt:
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Die Siedlungen wirtschaften nicht nachhaltig, da sie gewaltige Stoffverluste verursachen. Unmittelbar entstehen noch immer große Abfallmengen, deren Recycling zwar technisch weitgehend möglich ist, aber aus Kostengründen nur zu einem Teil auch durchgeführt wird. Für die Landschaft von größerer Bedeutung sind die irreversiblen Verluste mit dem Wasser. So weist das Einzugsgebiet der Stadt Neumünster mit die höchsten Stoffverluste im Stör-Gebiet auf (Karte Stoffverluste). Für Berlin konnte gezeigt werden, daß die Stoffverluste nur zu einem geringen Anteil aus dem Abwasser (etwa 10%) stammen (Ripl & Koppelmeyer 1990).
- Die Siedlungen stellen besonders schlecht gekühlte Flächen (hot spots) dar, die im Satellitenbild deutlich erkennbar sind (Karte Oberflächentemperatur). Dieses überwärmte "Stadtklima" wirkt sich auch auf die Verteilung der Niederschläge aus. Durch den hohen Anteil versiegelter und unbegrünter Flächen ist von einer vergleichsweise geringen Biomasseproduktion auszugehen, so daß der thermische Wirkungsgrad der Stadt als sehr gering einzustufen ist (vgl. Karte Wirkungsgrad).
Für die Planung bedeutet dies (vgl. Abb. 90), daß
- die Vernetzung der Stadt mit dem Umland zu intensivieren ist und
- die in der Stadt erheblich erhöhte Energieflußdichte, die z.B. in der Überwärmung fühlbar wird, abzusenken ist.
Die Vernetzung mit dem Umland der Siedlungen sollte durch die Land- und Forstwirte erfolgen (Kap. G.1, G.5.5, G.5.6). In der Folge der geänderten Randbedingungen (Energie- und Bodenwertsteuer, vgl. Kap. H.2) könnten verstärkt Arbeitsplätze in der Landschaft geschaffen werden. Die Menschen werden dort benötigt, um eine intelligente, d.h. phasenangepaßte und stoffverlustarme Bewirtschaftung auf der Fläche durchzuführen. Dazu gehört auch die Bewirtschaftung der Feuchtgebiete. Statt eines fortgesetzten Wachstums der Städte wie Neumünster wäre von einer "Rückbesiedlung" ländlicher Bereiche auszugehen. Dort sollte eine ebenfalls energieaufwendige Zersiedlung der Landschaft vermieden werden. Statt dessen könnten die vorhandenen Dörfer und Siedlungen arrondiert werden. Die Bedeutung und Ausdehnung der Städte ergäbe sich wieder aus deren Funktionen.
Die enorme Aufheizung der vorhandenen Städte (Karte Oberflächentemperatur) läßt sich über das "Prinzip der feuchten Oberflächen" dämpfen: Durch die ständige Verdunstungskühle heizen diese sich tagsüber kaum auf. Emissionen haben unter diesen Bedingungen nur eine geringe Reichweite. Solche feuchten Oberflächen können in der Stadt mit einer intensiven Begrünung installiert werden: Dach- und Fassadenbegrünungen, Baumpflanzungen, Verdunstung des anfallenden Niederschlagswassers statt Ableitung in die Vorfluter oder Versickerung. Durch die bei entsprechend großflächiger Realisierung zu erwartende Rückkoppelung wird der Wasserkreislauf zunehmend kleinräumiger geschlossen, so daß ein scheinbares Wasserdefizit durch Kondensationsprozesse (Tau, Regen) ausgeglichen wird. Die optimal gekühlte Stadt weist ein ausgeglicheneres Klima auf.
G.6. Zeitliche Komponente
G.6.1. Planung als zeitlicher Prozeß
In einem Planungsprozeß wird zumeist der aktuelle Bestand analysiert und daraus ein wünschenswerter Sollzustand abgleitet. Dies wird der Realität jedoch nicht gerecht, da die Dynamik der Landschaft nicht einen einzigen räumlich definierten Idealzustand zuläßt, sondern nach einer zeitlich und räumlich zu beschreibenden Entwicklung strebt. Dabei werden die Aussagen mit zunehmender zeitlicher Distanz unschärfer.
Planung beinhaltet bereits eine erste zeitliche Komponente durch die Reihenfolge der zur Umsetzung vorgeschlagenen Maßnahmen. Die Umsetzung ist erst dann möglich, wenn sie politisch gewollt und durchgesetzt wird. Der zeitliche Rahmen für diesen Realisierungsprozeß ist jedoch durch den anhaltenden, sich nichtlinear entwickelnden, Verlustprozeß eingeschränkt. Da mittelfristig von einem Ansteigen der Energiepreise aufgrund begrenzter Vorräte bei weltweit wachsender Nachfrage (Schwellenländer, Osteuropa) auszugehen ist, werden die Handlungsspielräume zusätzlich eingeengt (vgl. Kap. H).
Die Verteilung der vorgeschlagenen Flächennutzungen ist keineswegs als statisch zu betrachten. So können heute geschädigte Flächen, die durch eine Maßnahme verbessert worden sind, später wieder anders genutzt werden: Polder, in denen Klarwasser zur Schilf- oder Fischproduktion eingesetzt worden ist, können nach einigen Jahren verlegt und wieder landwirtschaftlich genutzt werden. Ähnliches ist bei Waldflächen, die zur Bodenverbesserung beigetragen haben, denkbar; sie können sich z.B. langsam "verschieben".
Weniger dynamisch sind jedoch die an der Geomorphologie festgemachten Gebiete, wie z.B. die Fangsysteme, die auf die Gewässernähe angewiesen sind. Jedoch gibt es auch in der Natur eine Dynamik der Feuchtgebiete: Es ist von einer Abnahme der gewässerbegleitenden Feuchtgebiete nach einer entsprechenden Zunahme der Waldflächen auszugehen, da dadurch der Hydrograph vergleichmäßigt wird und die Abflußdynamik der Gewässer sinkt. Ähnlich kann bei stoffverlustarmer Landbewirtschaftung die Ausdehnung der Feuchtgebiete wieder zurückgenommen werden. Dies ist immer funktional davon abhängig zu machen, wie weit die stoffliche Retentionsleistung der Landschaft bereits entwickelt werden konnte.
G.6.2. Richtungssicherheit der Planung
Eine Maßnahme ist dann richtungssicher, wenn sie den übergeordneten Zielen nicht widerspricht, sondern zu deren Verwirklichung beiträgt. Oberziel für die hier vorgestellte Planung ist die Senkung der Stoffverluste. Die Maßnahmen einer Planung lassen sich nach ihrer Wirkung in eine räumliche und zeitliche Hierarchie einordnen. So wirkt die Anpflanzung eines kleines Waldes vor allem lokal, während sich ein entsprechendes Feuchtgebiet für einen größeren Teil eines Einzugsgebietes positiv auswirken kann. Die Anlage eines nur temporär genutzten Polders zur Nutzung des Klarwassers ist zeitlich kurzfristiger als die eines Waldes einzuordnen.
Sektorielle Zielvorstellungen, wie sie heute in den Fachplanungen formuliert werden, sind keineswegs richtungssicher, da innerhalb der geforderten Teilziele keinerlei funktionale Hierarchie besteht. So können z.B. Ziele des Naturschutzes mit denen der Wasserwirtschaft kollidieren, wie z.B. bei unterschiedlichen Vorstellungen zur Stauhaltung des Wassers in der Landschaft.
In der hier vorgestellten Planung ist mit dem Oberziel der Stoffverlustminimierung eine Zielhierarchie gegeben. Trotzdem erfüllen die vorgeschlagenen Maßnahmen auch wesentliche Ziele anderer Planungen. Dies soll am Beispiel des Natur-, des Hochwasser- und Klimaschutzes gezeigt werden.
G.6.2.1. Naturschutz
Das Hauptziel des heutigen Naturschutzes ist der Arten- und Biotopschutz. Durch die vorgeschlagenen Maßnahmen bliebe die Landschaft dauerhaft für die Vegetation und Fauna besiedelbar. Dies ist auch die zwingende Voraussetzung für den langfristigen Erhalt einer größeren Zahl von Arten. Durch die zusätzliche Anlage von Feuchtgebieten und Wäldern werden zudem eine Reihe neuer Biotope geschaffen, die von entsprechend spezialisierten, heute teilweise seltenen, Arten besiedelt werden können. Es ist jedoch auch mit einer Verschiebung des Gesamtartenspektrums zu rechnen, da Biotope mit einem nur geringen Wirkungsgrad, wie z.B. Trockenrasen oder trockene Heideflächen, nicht erhalten werden sollen. Dies sind aber ohnehin keine stabilen Biotope. In ihnen wird die Sukzession ständig durch Eingriffe des Menschen zurückgeworfen.
G.6.2.2. Hochwasserschutz
Durch die Feuchtgebiete und die Wälder in den Kuppenlagen wird die Retention des Wassers in der Landschaft deutlich erhöht. Abflußspitzen können durch die Feuchtgebiete an den Zusammenflüssen der Gewässer und in den Quellgebieten gedämpft werden. Insgesamt werden Hochwasserereignisse damit unwahrscheinlicher, wenngleich eine Quantifizierung dieses Prozesses derzeit nicht möglich ist.
G.6.2.3. Klimaschutz
Durch die Anlage der Feuchtgebiete und der Wälder auf Kuppenstandorten wird die Wasserspeicherkapazität der Landschaft deutlich erhöht. Durch die Vegetation wird zugleich mehr Wasser als vorher verdunstet. Durch die dabei bewirkte Kühlung werden Kondensationsprozesse, wie Tau oder Regen, wahrscheinlicher. Damit wird der Wasserkreislauf vergleichmäßigt und der Landschaftswasserhaushalt stabilisiert. Diese lokalen Prozesse sind vor allem während austauscharmer Wetterlagen in den Sommermonaten von Bedeutung. Der Rückgang der Niederschläge in den Sommermonaten (Kap. F.1.2) deutet darauf hin, daß gerade dieser lokale Prozeß durch die Entwässerung der Landschaft an Bedeutung verloren hatte. Der damit verbundenen Aufheizung der Landschaft würde durch die Neuanlage von Feuchtgebieten entgegengewirkt, die zeitliche Verteilung der Niederschläge könnte sich wieder dem ursprünglichen Muster annähern. Die befürchteten Klimaänderungen scheinen nach dieser Analyse eher auf den Veränderungen der Landschaft zu beruhen. Ihnen könnte durch regionale Maßnahmen auf größerer Fläche entgegengewirkt werden.
Gleichzeitig würden die Emissionen, z.B. durch Industrie oder Verkehr, lokaler begrenzt wirksam. Durch die geringere Vertikalbewegung der Luft infolge einer verbesserten Energieflußdichteabsenkung würden die Emissionen, z.B. Methan oder NOx, weniger hohe Luftschichten erreichen und damit auch nicht so weit verteilt (vgl. Abb. 91). Über die vergrößerte feuchte Oberfläche des höheren Anteils an Feuchtgebieten und Wäldern könnten mehr Partikel und Stäube festgelegt werden. Dort lägen sie dann in einer geringeren Konzentration vor. Durch die verstärkte Ausstattung der Landschaft mit Vegetation käme es auch zu einer vermehrten Bindung des als problematisch angesehenen Kohlendioxids, wenngleich dessen Bedeutung als Ursache der Klimaänderungen anzuzweifeln ist.
Abb. 91: Energieflußdichte und Emissionen.