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2. Die Energiebox
2.1. Die Energiebox als Kleinheizkraftwerk
Die Energiebox stellt in ihrer einfachsten Ausführung ein serienmäßig hergestelltes, kompaktes und daher leicht transportables Kleinheizkraftwerk mit einer elektrischen Leistungsfähigkeit von einigen Kilowatt (kW) bis zu einigen Hundert kW dar. Sie befindet sich im Eigentum des privaten Elektrizitäts- und Wärmeverbrauchers. Aufgrund der Beschränkung in der Leistung wird dieser bevorzugt dem Sektor Haushalt und Kleinverbrauch (einschließlich Gewerbe) zuzuordnen sein. Die in der Energiebox erzeugte elektrische Energie kann direkt in das Verteilungsnetz der EVU eingespeist werden /5 bis 10/.
Die wesentlichen Komponenten der Energiebox sind ein Antriebsmotor, ein von ihm angetriebener elektrischer Generator sowie mehrere Wärmetauscher. Mit ihnen wird die bei der Elektrizitätserzeugung entstehende Abwärme aus dem Kühlwasser und den Auspuffgasen zur Beheizung konventioneller Warmwasser-Zentralheizungen sowie zur Warmwasserbereitung herangezogen.
Als Antriebsmotoren eignen sich bevorzugt Dieselmotoren zur Verbrennung leichten Heizöls und Gasmotoren zur Verwendung von Erdgas. Dieselmotoren zeichnen sich durch einen besonders hohen Ausnutzungsgrad der eingesetzten Brennstoffenergie aus: So wird auch schon bei kleinen Anlagen - ohne Wärme-Kraft-Kopplung - ein Wirkungsgrad der Elektrizitätserzeugung von 28 % erreicht und damit der Wirkungsgrad der Elektrizitätsversorgung aus dem öffentlichen Elektrizitätsversorgungsnetz mit 31 % nur wenig unterschritten.
Bild 1 gibt einen Überblick über die Energieflüsse, wie sie bei der Beheizung eines Einfamilienhauses mit einem Wärmebedarf von 17 kW (entsprechend rd. 15.000 kcal/h) durch eine Energiebox typischerweise auftreten. Dies stellt die kleinste sinnvolle Leistungsgröße der Energiebox dar (ohne Berücksichtigung der evtl. wirtschaftlicheren Möglichkeit den maximalen Wärmebedarf auf Energiebox und eine konventionelle Zusatzheizung aufzuteilen; weitere Angaben siehe Anhang 1)
Bild 1: Energieflüsse bei der Energiebox
Wie sich aus Bild 1 ergibt, wird die eingesetzte Brennstoffenergie, die eine bereits veredelte und transportierte Sekundärenergie darstellt, zu 85 % für den Endverbraucher nutzbar gemacht. Die Einsparung an Primärenergie, also unter Einschluß der Aufbereitungs- und Verteilungsverluste, durch diese Art der Wärme-Kraft-Kopplung beträgt nach Anhang 2 rd. 40 % gegenüber der getrennten Erzeugung von Elektrizität in Großkraftwerken und der Wärmeerzeugung für die Raumheizung in Ölzentralheizungen.
Die Geräusche einer solchen Energiebox können mit den heutigen Methoden und Materialien der Schalldämmung so weit abgeschirmt werden, daß sie kaum lauter als übliche Ölheizkessel sind, so daß die Energiebox auch in Privathäusern aufgestellt werden kann.
Die im Betrieb meist unerwünschte starre Kopplung zwischen der Elektrizitäts- und der Wärmeerzeugung wird durch das relativ große Wärmespeichervermögen üblicher Heizungsanlagen und Gebäude verringert. Eine weitere Entkopplung läßt sich durch die Verwendung spezieller Wärmespeicher (z. B. Wassertanks) erreichen.
Die Zeitdauer, die eine Energiebox als kombiniertes Notstrom-/Notwärmeaggregat im Hinblick auf eine krisenfeste Versorgung mit Elektrizität und Wärme überbrücken kann, ist im wesentlichen nur vom Fassungsvermögen des vorhandenen Speichertanks für den Brennstoff abhängig, Selbst Tankanlagen üblicher Größe ermöglichen einen über Monate reichenden autarken Betrieb. Durch Einsatz eines Gas-Dieselmotors (Zweistoffmotor) oder durch Speicherung von Flüssiggas ist auch bei einer normalerweise mit Erdgas betriebenen Energiebox ein vom Versorgungsnetz unabhängiger Einsatz möglich. Diese Eigenschaft läßt sich auch zur Verringerung von Spitzenbelastungen im Gasnetz ausnutzen.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß ohnehin vorhandene oder erforderliche Notstromaggregate teilweise mit nur geringen Kosten für eine gekoppelte Wärme- und Elektrizitätserzeugung umgerüstet werden können. Dies wird wegen der dann möglichen laufenden Nutzung sonst nur in Reserve stehender Anlagen meist wirtschaftlich sinnvoll sein.
2.2. Die Energiebox mit integrierter Wärmepumpe
Die im vorherigen Abschnitt beschriebene Energiebox läßt sich vorteilhaft durch eine Wärmepumpe ergänzen. Mit einem solchen Aggregat ist es möglich, Wärme z.B. aus der Umgebungsluft oder dem Erdreich direkt für Heizzwecke nutzbar zu machen. Diese Nutzung der Umgebungswärme stellt neben der Nutzung des „Wärmemülls" der Gebäude eine indirekte Nutzung der Sonnenenergie dar. Darüber hinaus ist es aber auch möglich, die Sonnenenergie direkt mit Sonnenkollektoren zu nutzen, die mit der Energiebox verbunden sind. Dadurch erreicht man bereits mit einfachen und damit billigen Kollektoren eine effiziente Nutzung dieser Energie. Die direkte oder indirekte Nutzung der Sonnenenergie bewirkt, daß man zur Erzeugung einer bestimmten Heizwärmemenge nur etwa die Hälfte an Brennstoffenergie als in einer konventionellen Ölzentralheizung verbrennen muß. In gleicher Weise vermindert sich die notwendige Lagerkapazität für Heizöl bzw. die Bereitstellungskapazität für Erdgas /11 bis 22/.
Sehr aussichtsreich erscheint die nachfolgend näher beschriebene Energiebox mit einer Kompressionswärmepumpe. Der Einsatz einer Kompressionswärmepumpe ermöglicht es, die Elektrizitäts- und die Wärmeerzeugung der Energiebox weitgehend voneinander zu entkoppeln und damit eine bessere Anpassung an den Bedarf zu erreichen. Verbindet man weiterhin den Wärmepumpenkompressor nicht mechanisch mit dem Verbrennungsmotor, sondern sieht man einen elektrisch angetriebenen Kompressor vor, der von dem vorhandenen Generator gespeist wird, dann läßt sich die Wärmepumpe als hermetisch verschlossenes Aggregat bauen. Es entfällt eine kritische Dichtung, die meist intensiver Wartung bedarf, und damit die Gefahr der Umweltverschmutzung durch das in der Wärmepumpe enthaltene Kältemittel (Problematik der Spraydosentreibgase /23/).
Dimensioniert man eine solche Energiebox für die gleiche Heizleistung wie bei der in Abschnitt 2.1 dargestellten Energiebox ohne Wärmepumpe (17 kW), dann ergeben sich die in Bild 2 dargestellten Energieflüsse (Einzelheiten siehe Anhang 3). Wegen der Nutzung der Umweltwärme ist nun eine nur noch etwa halb so große Leistung des Antriebsmotors erforderlich.
Bild 2: Energieflüsse bei der Energiebox mit integrierter Wärmepumpe
Die typischen Betriebszustände, in denen eine solche Energiebox betrieben werden kann, sind nachfolgend zusammengestellt:
- Maximaler Wärmebedarf, kein Elektrizitätsbedarf:
Das Motor-Generator-Aggregat gibt die erzeugte elektrische Leistung vollständig an die Wärmepumpe ab; - mittlerer Wärmebedarf, maximaler
Elektrizitätsbedarf:
Die Wärmepumpe wird abgeschaltet, so daß der Generator nur die angeschlossenen elektrischen Verbraucher versorgt; die dabei entstehende Abwärme wird weiterhin zur Heizung herangezogen; die verringerte Heizleistung ist auch ohne besonderen Wärmespeicher wegen der relativ großen Speicherfähigkeit von Heizungssystemen und der beheizten Räumlichkeiten meist über mindestens eine Stunde tolerabel; - geringer Wärmebedarf, kein Elektrizitätsbedarf:
Das Motor-Generator-Aggregat versorgt bei herabgesetzter Drehzahl (Erhöhung der Lebensdauer!) nur die Wärmepumpe, deren Motor dann ebenfalls mit herabgesetzter Drehzahl umläuft; - kein Wärmebedarf, maximaler Elektrizitätsbedarf:
Dieser Betriebszustand wird als Notsituation nur dann vorliegen, wenn das elektrische Versorgungsnetz ausgefallen ist; die Energiebox arbeitet dann wie ein Notstromaggregat autonom im „Inselbetrieb", d, h, vom Netz abgetrennt; die entstehende Abwärme ist über ein separates (aber relativ einfaches) Kühlsystem an die Umgebung abzuführen.
Zusammengefaßt stellt die Energiebox mit integrierter Wärmepumpe ein vollautomatisch betriebenes, kompaktes (ein bis zwei Kubikmeter bei kleineren Anlagen) und akustisch hoch abgeschirmtes Energiezentrum dar, in das Heizöl oder Gas hineingeführt wird und das Wärme und Elektrizität in energetisch und bedarfsmäßig optimaler Kopplung produziert. Ihre Lebensdauer kann wie bei konventionellen Ölzentralheizungen mit etwa 15 Jahren angesetzt werden.
2.3. Die Energiebox im Verbund mit dem
Elektrizitätsnetz
Die einzelne Energiebox kann als Kleinkraftwerk aufgefaßt werden, dessen elektrische Leistung im Verhältnis zur Leistungsfähigkeit des elektrischen Endverteilungsnetzes (Niederspannungsnetz) niedrig ist. Es ist deshalb technisch ohne weiteres möglich, sie über ein spezielles Schnittstellengerät direkt in das Niederspannungsnetz einspeisen zu lassen. Erst durch Summierung über sehr viele, statistisch nach Aufstellungsort und Größe verteilte Energieboxen ergibt sich eine nennenswerte elektrische Leistungskapazität, die die Elektrizitätserzeugung in den Großkraftwerken ergänzt. Besonders vorteilhaft ist hierbei, daß die Erzeugungs- und Verbrauchsorte gewöhnlich in unmittelbarer Umgebung liegen, so daß die höheren Spannungsebenen des elektrischen Verteilungsnetzes nicht in Anspruch genommen werden.
Wesentlich für einen aus technischer Sicht funktionierenden Verbund der Energiebox mit dem Elektrizitätsnetz der EVU ist die richtige Ausgestaltung der Schnittstelle zwischen dem EVU-Netz und dem Netz des Verbrauchers einschließlich der Energiebox. An der Schnittstelle grenzen die Verantwortungsbereiche des jeweiligen EVU und des privaten Elektrizitätserzeugers und -verbrauchers technisch und juristisch aneinander. Sie muß deshalb eindeutig sein und den Interessen beider Partner Rechnung tragen. Diese Aufgabe hat das Schnittstellengerät zu übernehmen, das eine Art „Kommunikationsdrehscheibe" zwischen EVU, privatem Verbraucher und der Energiebox darstellt (Bild 3).
Bild 3: Schnittstelle EVU-Netz/Verbrauchernetz
Das Schnittstellengerät stellt die Weiterentwicklung des gegenwärtigen „Zählerkastens" auf der Basis der heutigen Möglichkeiten der Technik der Mikroprozessoren dar, Es befindet sich im Eigentum des örtlich zuständigen EVU und ist plombiert. Es muß vor allem die folgenden Forderungen erfüllen;
- Messung, Speicherung und Anzeige von elektrischer Arbeit und Leistung nach Lieferrichtung und Zeit (ggfs. auch Blindkomponenten);
- Überlastschutz und im Bedarfsfall sichere technische Trennung des EVUNetzes vom Verbrauchernetz;
- in Verbindung mit der Steuereinrichtung in der Energiebox vollautomatische Steuerung der Elektrizitätsproduktion je nach den Bedürfnissen des Verbrauchers oder des EVU (etwa über Rundsteueranlagen).