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4. Die Elektrizitätsversorgung im Krisenfall

Ein wesentliches Kennzeichen unserer heutigen Zivilisation ist ihre außer­ordentlich starke Abhängig­keit von einer sicheren Elektrizitätsversorgung: Ohne Elektrizität stellen Tiefkühltruhen, Kochherde, Fahrstühle, Tankstellen, Straßen- und Eisenbahnen, Zentralheizungsanlagen, Büromaschinen und vieles andere mehr ihren Dienst ein. Jeder einzelne würde von einer größeren Störung betroffen sein. Ein mehrtägiger, weite Gebiete umfassender Zusam­menbruch der elektrischen Versorgung dürfte wohl nicht ohne gravierende gesellschaftspolitische Folgestörungen vorübergehen (vgl. hierzu /29/ über den Black Out in New York 1977). Allerdings sind Gefühl und Vorstellungskraft für diese im­mense Abhängigkeit von einer sicheren Elektrizitätsversorgung verloren gegangen, weil Störungen im elektrischen Versorgungsnetz in den letzten 30 Jahren selten waren und meist regional begrenzt blie­ben.

Wenn auch die Verantwortlichen in den EVU und den Behörden davon ausgehen, daß auf techni­schen Unzulänglichkeiten beruhende katastrophale Netzzusammenbrüche nach menschlichem Er­messen nicht auftreten dürften, so ist es doch unbefriedigend, daß die dagegen getroffenen Abwehrmaß­nahmen in der Praxis kaum überprüft werden können. Es existieren zwar Abschaltpläne, nach denen in Störungsfällen einzelne Großverbraucher oder ganze Versorgungsgebiete von der Elektrizitätsversorgung abgetrennt werden. Offen ist aber, ob und inwieweit mit diesen Vorsorgemaß­nahmen die im Ernstfall auftretenden Störungen beherrscht werden können. Nachteilig für den Ver­braucher ist ferner, daß nach den Allgemeinen Bedingungen für die Versor­gung mit Strom und Gas (AVB) sämtliche Schadensersatzansprüche des Ver­brauchers gegen das zuständige EVU ausgeschlos­sen sind. In diesem Zusam­menhang ist allerdings anzuerkennen, daß die deutsche Elektri­zitätswirtschaft seit langem erhebliche Anstrengungen zur Vermeidung größerer Versorgungs­störungen unternommen hat.

Problematisch ist und bleibt aber ein ausreichender Schutz der ausgedehn­ten Überlandleitungen und Verteilstationen gegen mutwillige Beschädigungen. Hier zeigt sich besonders deutlich, daß eine hoch­technisierte und sehr arbeits­teilig organisierte Gesellschaft auf einen ausreichenden Grundkonsenz aller ihrer Gruppierungen angewiesen ist. Dieser ist jedoch heute teilweise in Frage gestellt, wie die Ereignisse der letzten Jahre gezeigt haben. Es ist deshalb anzunehmen, daß das Bedürfnis nach einer gesicherten Elektrizitätsversor­gung zunehmen wird.

Eine wirkliche Sicherstellung der Elektrizitätsversorgung im Krisenfall kann nur durch eine Ergänzung der zentralistisch angelegten Struktur der heutigen Versorgungsnetze durch eine dezentrale Sub­struktur erreicht wer­den, Die Netzelemente dieser Substruktur werden von einzelnen Energie­boxen (mit oder ohne Wärmepumpe) und den ihnen zugeordneten Versor­gungsbezirken gebildet, die bei übergeordneten Netzstörungen völlig autark über „eigene" Elektrizität verfügen können. Die Dauer des autarken Betriebs ist im wesentlichen nur von der gespeicherten Öl- oder Flüssiggasmenge ab­hängig und kann ohne Schwierigkeiten für einen mehrmonatigen Inselbetrieb eingerichtet werden. Heute werden hierfür Notstromaggregate eingesetzt. Da sie aber ein erhebliches unproduktives Kapital dar­stellen, werden sie nur selten - meist erst bei Vorliegen zwingender Vorschriften - aufgestellt. Die Energiebox hingegen ist ein Kleinkraftwerk, das (nach Überwindung der Startphase) bereits aus wirt­schaftlichen Erwägungen eine weite Verbreitung finden kann. Deshalb kann die Energiebox auch einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung von Volkswirtschaft und Gesellschaft in Krisenzeiten leisten.