Von unserem Mitglied Gert Köhler. 15.06.2016

 Vier Mann vier Ecken werden bei diesem Vorhaben auf zwei Mann mit leistungsfähigen Geräten und Werkzeugen auf der Baustelle reduziert.

Hochmotiviert erstellen Andreas Schumann zusammen mit einem Lehrling zwei Prototypen von Häusern in einer völlig neuen Bauweise. Beide lassen sich auf die zunächst „nicht durchführbar“ erscheinenden Vorstellungen des Entwicklers ein und produzieren über das traditionelle Zimmererhandwerk hinausgehende Ideen, die bei weiteren Vorhaben Zukunft schreiben werden. Neben viel Gefühl für den Werkstoff Holz, rechte Winkel, Kenntnis des Hebelgesetzes und geschickte Auswahl stabiler Verbinder liegt der Schwerpunkt beim Bauen vor Ort. Verlegen wir das Fertigteilwerk auf die Baustelle und lassen die Wertschöpfung in der Region waren die Grundüberlegungen des Entwicklers und des ausführenden Unternehmers.

Es hat sich etwas getan auf dem geteilten Grundstück der ehemaligen Försterei. Zwei, in weniger als 20 Arbeitstagen - im wahrsten Sinne des Wortes - gezimmerte Holzständerwerke fügen sich schon heute harmonisch in die traumhafte Waldumgebung ein. Pfingstdienstag war Baubeginn und es wurden Fundamentbalken druck- und zugfest mit den Flanschen der Schraubfundamente verbunden. Ist es einfach, dann mach es einfach – so der Leitspruch es Entwicklers. Beide Häuser haben den Anspruch absoluter Einfachheit und sollen den Nutzern ein Dach über dem Kopf und Raum zum Leben und Arbeiten bieten. Entstehen sollen Low-Budget-Häuser aus Werkstoffen, die aus wiederverwertbaren Sekundär- und nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden können.

Die Bauteile aus Holz, Stahl und recyceltem Kunststoff werden in einfachsten Geometrien mit Schrauben, Nägeln und Balkenschuhen so miteinander von den Handwerkern vor Ort verbunden, dass ein optimales und statisch stabiles Raumvolumen entsteht. Ein intelligentes Rastermaß von 625 mm wirkt sich positiv auf alle Folgemaßnahmen aus, weil Verschnitt auf ein Minimum begrenzt und die Passgenauigkeit auf ein Maximum angehoben wird. Alle Systemkomponenten sind geschraubt oder gesteckt. Boden-, Wand-, Decken- und Dachelemente können „nach Gebrauch“ rückstandslos abgebaut und an anderer Stelle wieder aufgebaut werden. Selbst die 1,30 und 2,10 Meter langen Fundamentschrauben können – wie jede andere Schraube auch - herausgedreht und an anderer Stelle wieder eingedreht werden. Die Raumaufteilung kann jederzeit an die sich ändernden Lebensbedingungen und den Bedürfnissen der Nutzer verändert werden. Schwebende Wände sind an die tragenden Dachbalken geschraubt und auf dem Fußboden ausgeschraubt. Eine modulare Erweiterung und / oder Rückbau in Teilen ist demnach jederzeit möglich. Im Ergebnis handelt es sich um skalierbare Funktionshausmodule im rustikalen Landhausstil. Darüber mehr im nächsten Beitrag.

Dem Entwickler war es wichtig, den Anteil eigener Muskelleistung möglichst hoch anzusetzen. Um sich zu überzeugen, dass dieses ambitionierte Ziel möglich ist, wurde das Bauvorhaben von der ersten Schraube an von ihm mit viel Elan und Spaß an dem Vorhaben begleitet. Zeitweise übernimmt er die Funktion eines Huckers. Hucker sind Bauarbeiter, die das auf einer Baustelle benötigte Material dorthin schleppen, wo es benötigt wird. Eine Entlastung des Baukontos in Form von Euros war deutlich zu erkennen. Diese Einsparungen lassen weiteren Raum für attraktive Zugaben wie z.B. Technik zur Umwandlung von Wind / Sonne in Energie wie Wärme, später vielleicht auch Strom. Moderne Speichertechnik beider Energien wird ebenso Thema der weitergehenden Projektentwicklung sein. Dazu später, wenn Standardtechniken die Funktion des Hauses unter Beweis gestellt haben. Schaut man genau hin, ist festzustellen, dass es sich um zwei abgeschlossene Wohneinheiten auf dem Grundstück handelt. Warum so geplant wurde, wird der Entwickler im nächsten Beitrag erläutern. Weit entfernt von Hochglanzprospekten wurde die Planung zunächst an den tatsächlichen Bedürfnissen „ein Dach über dem Kopf“ festgemacht.

Bei der Auswahl weiterer am Projekt beteiligten Fachplaner, Hersteller, Lieferanten, Spediteure und ausführender Unternehmer wurde das klare Ziel formuliert, dass Wertschöpfung bei künftigen Projekten hier in der Region bleiben soll. Ohne sich ständig an neue Leute gewönnen zu müssen, oder sich zu 100% dem Onlineshopping auszusetzen sollen weitere Vorhaben auf Grundlage des strategischen Zusammenwirkens fortgesetzt werden.

Ganz besonders angenehm war auch die konstruktive, lehrreiche und interessante Zusammenarbeit mit der Amts-, Bauverwaltung, den Versorgungsträgern und dem Bezirksschornsteinfeger. Das kooperative und motivierende Zusammenwirken aller am Projekt Beteiligten lässt ein technisch hochwertiges Produkt erwarten, dass mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln realisiert und in Verkehr gebracht werden kann. Auch dem Nachbarn sei gedankt, der die Baustelle in den ersten Tagen gegen Einwurf kleiner Münzen mit Strom versorgt hat. Bauwasser wurde keines benötigt. Durch den ausgesprochen hohen Anteil an Eigenleistung wird das Bauvorhaben vor dem Hintergrund der Kostendämpfung weiter vorangetrieben. Es gibt noch viel zu berichten.

Mindestens 30% der Bauzeit verbrachten wir damit auf der Baustelle, ständig weiteres Optimierungspotential auszuloten und technische Vorgaben nicht nur an Schnittstellen, sondern an übergreifenden Verbindungsstellen festzumachen. Somit entstanden viele kleine Details, die hier für die Zukunft auf Leistung überprüft werden sollen. Also nicht nur die Funktion, sondern die systemische Leistung unter Berücksichtigung individueller Belange der Nutzer wird Gradmesser der Erfolgskontrolle sein. Gemeint ist das Zusammenwirken physikalischer, chemisch und biologischer Prozesse, also persönliche Lebenswerte und nicht (nur) rechnerische oder wissenschaftliche Nachweise der Funktion.

Bisher ist es dem Entwickler sehr gut gelungen, zukunftsfähige Erfahrungen aus dem Spagat als BIM-Gesamtkoordinator auf der einen Seite und der Wahrnehmung von Aufgaben als Hucker auf der anderen Seite zu sammeln. Komplexität beim Bauen und der Spagat zwischen Theorie und Praxis wurden durch die gewonnenen Erkenntnisse nahezu aufgelöst. Das es geht ist bereits sichtbar; wie es geht wird in weiteren Beiträgen fortgeschrieben bzw. in dem kleineren der beiden Funktionshäuser das „Holz-Bau-College“ als Kommunikationsstätte für Interessierte mit dem Ziel der Wissensvermittlung eingerichtet.

Projekt-Website

Ein Beleg für das Geschehen vor Ort wird sichtbar, wenn man dem Link http://gertkoehler.houzz.com/projects folgt.

Verfasser Dipl.-Ing. Gert Köhler · BIM-Gesamtkoordinator (gkoe 2016-06)

Wird demnächst fortgeschrieben.

Die Innovationen

  • Schraubfundamente
  • Schwebende Wände
  • Hybrid-Boden
  • Fundamentbalken aus recyceltem Kunststoff auf die Flansche der Schraubfundamente aufgelegt. Alternativ kann hier auch die gemeine Akazie (Rubine) gewählt werden, die früher und heute in diesem Bereich verarbeitet wurde.

Module ++

  • Trombewand i.V.m. Gewächshaus
  • Gründach

Kommunikation

  • Eine Seite - BIM-Gesamtmanagement - > Kalfaktor; ein modernes Building Information Modeling versetzte die Bauleute in die Lage, gemeinsam ein Modell zu bauen,
  • andere Seite - Die Funktion eines Huckers wahrgenommen, um sich bei weiteren Projekten auf Grund der gewonnenen Erkenntnisse der Qualitätssicherung bei Planung, Umsetzung und Betrieb zu widmen
  • Teamarbeit statt Zickenkrieg

Ausführliche Projektbeschreibung auf der Webseite gertkoehler.houzz.com.

 

   
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