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H. Umsetzung
H.1. Nachhaltigkeit heutiger Industriegesellschaften
Eine Gesellschaft kann nur dann dauerhaft bestehen, wenn sie die Landschaft als physische Basis durch eine nachhaltige Bewirtschaftung erhält. Dazu müssen die Stoffkreisläufe über den Wasserkreislauf weitgehend ortskonstant aufrechterhalten und irreversible Stoffverluste aus der Landfläche in die Fließgewässer minimiert werden. Dieses auf dem Wasserhaushalt basierende Nachhaltigkeitsprinzip in der Bewirtschaftung ermöglicht nicht nur auf Dauer eine ausreichende Nahrungsmittelproduktion, sondern auch eine Wasserversorgung der Bevölkerung.
Derzeit liegen in der gesamten Bundesrepublik in den Einzugsgebieten der größeren Flüsse enorme Stoffverluste mit dem Wasserfluß vor (Tab. 7), was auf eine nicht nachhaltig funktionierende und damit langfristig instabile Gesellschaftsstruktur rückschließen läßt. Der Anstieg der Stoffausträge vom Land in die Gewässer in Zusammenhang mit der Intensivierung menschlicher Bewirtschaftung läßt sich anhand von Gewässersedimenten bis zur letzten Eiszeit zurückverfolgen (Abb. 92). Danach sind die Stoffausträge nach der Eiszeit zunächst mit der Entwicklung immer kurzgeschlossenerer Wasser- und Stoffkreisläufe auf ein Minimum zurückgegangen, mit zunehmender Besiedlung und Bewirtschaftungsintensität der Fläche jedoch wieder angestiegen. Enorme Schübe stellten dabei die großflächigen Waldrodungen sowie die Erfindung kostengünstiger Techniken zur Be- und Entwässerung dar (z.B. Pumpen, Drainage). Diese Maßnahmen erhöhten die Wechselfeuchte im Boden und damit die Stoffausträge mit dem Wasserfluß. Ihren Höhepunkt fanden die ansteigenden Stoffverluste mit der Erschließung fossiler und nuklearer Fremdenergie mit Beginn der Industrialisierung:
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Der Einsatz von Mineraldünger ermöglichte die teilweise Kompensation irreversibler Stoffverluste sowie die Bearbeitung basenarmer Flächen. Die Nutzungsverteilung, die zuvor neben den natürlichen Transportgegebenheiten auch von den natürlichen Standortvoraussetzungen abhing, konnte nun willkürlicher erfolgen. Dem natürlichen Ertragspotential eines Standortes sowie dem Erhalt der Bodenfruchtbarkeit durch Kreislaufwirtschaft wurde ein nur noch untergeordneter Stellenwert bei der Nahrungsmittelproduktion zugeordnet. Hervorzuheben ist jedoch, daß die Stoffverluste durch Düngung nicht vollständig ausgeglichen werden können und diese durch das fehlende Wasser- und Stoffrückhaltevermögen der Flächen zusammen mit der Düngung ansteigen.
- Die nun nahezu unbegrenzten Transportkapazitäten begünstigten zusammen mit der großflächigen Bewirtschaftungsintensivierung die Entwicklung von Nutzungsstrukturen, bei denen die Prozesse von Produktion, Konsumtion und Stoffabbau/-recycling räumlich und zeitlich vermehrt voneinander getrennt wurden. Beispiel dafür ist die Entwicklung von nahezu unbegrenzt wachsenden Verdichtungsräumen (Konsumtion) und deren über den Verkehr erfolgende Versorgung aus einem inzwischen weltweiten "Einzugsgebiet" (Produktion). Eine Stoffrückführung zu den Produktionsflächen findet bei den bis heute gängigen Entsorgungsstrategien (Mülldeponien, Abwasser) kaum statt. Infolge der so auf großer Fläche "parallelisierten Prozesse" wurden weiträumig die Stoffkreisläufe geöffnet. Demgegenüber erfolgten in vorindustriellen Gesellschaften - bedingt durch den nicht beliebigen Transport und Ersatz von Stoffverlusten unter dem limitierten (Sonnen)Energieangebot - Produktion, Konsumtion und Stoffabbau/-recycling noch vermehrt "sequentiell", d.h. unter Aufrechterhaltung eines größeren Anteils an lokalen Kreisprozessen.
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Tab. 7: Übersicht über die Jahresfrachten der Flußgebiete absolut und pro Hektar sowie die Gesamtverluste (Mittel 1991 bis 1993).
+ Durchschnittliche Werte. * Die Kaliumkonzentration der Donau wird in Bayern nicht gemessen.
Gegenwärtige Verdichtungsräume besitzen nicht nur bezogen auf ihre Fläche maximale Stoffverluste mit dem abfließenden Wasser, sondern degradieren außerdem ihr versorgendes Umland. Neben der oben genannten fehlenden Stoffrückfuhr beruht dies insbesondere auf der weiträumig vergrößerten wechselfeuchten Bodenzone, Ergebnis der intensiven Land- und Forstwirtschaft sowie der zentralen Wasserversorgung über Grundwasser. Der dadurch herabgesetzte Wasser- und Stoffrückhalt der Flächen hat irreversible Austräge mit dem Sickerwasser maximiert. Hervorzuheben ist dabei, daß bezogen auf die Gesamtmenge der ausgetragenen Stoffe der Anteil an Stickstoff und Phosphat, der über die Kläranlagen zum größten Teil zurückgehalten werden kann, äußert gering ist. Für das Einzugsgebiet der Stör (Schleswig-Holstein) beispielsweise liegt die Höhe der ausgetragenen Nährstoffe bei ca. 20 kg/ha/a Gesamtstickstoff und ca. 0,5 kg/ha/a Gesamtphosphor, die Gesamtmenge an ausgetragenen mineralischen Salzen aber bei ca. 1050 kg/ha/a (NaCl-bereinigt).
Abb. 92: Entwicklung der Basenverluste der Landökosysteme seit der Eiszeit (abgeleitet und verändert nach Digerfeldt 1972).
Eine Umorientierung in Richtung einer stoffverlustärmer und daher dauerhafter funktionierenden Gesellschaftsstruktur erfordert die oberste Priorität des Nachhaltigkeitsprinzips auf politischer Ebene. Dort müssen die erforderlichen Rahmenbedingungen durch den Einsatz ökonomischer Steuerungsinstrumente erfolgen, die in ihrem Zusammenwirken zur positiven Selektion nachhaltigerer Wirtschaftsweisen führen. Nur dann besäße die Nachhaltigkeit in der Landnutzung auch obersten Stellenwert bei der technisch-administrativen Ebene einerseits sowie der Land- und Forstwirtschaft auf Ebene der Flächenbewirtschafter andererseits. Eine am Wasserhaushalt orientierte, nachhaltige Landnutzung erfordert außerdem, daß den Flächenbewirtschaftern neben der Nahrungsmittel- und Rohstoffproduktion auch die Wasserwirtschaft und die Entsorgung von Haushaltsabfällen zugesprochen wird. Dabei sind Entwicklungsperspektiven zu eröffnen, die ein maximales Interesse an einer zunehmend nachhaltigen Bewirtschaftung der Landschaft zur Folge hätten.
H.2. Politische
Rahmenbedingungen zur Selektion nachhaltigerer
Bewirtschaftungsformen
In der Diskussion um den Einsatz marktwirtschaftlicher Instrumente in der Umweltpolitik standen bisher zwei Instrumententypen im Vordergrund. Bei diesen handelt es sich neben dem Konzept der Abgaben, welches aus finanzwissenschaftlicher Sicht übergeordnet für Ökosteuern, Umweltabgaben und Umweltsonderabgaben steht, auch um das der Umweltzertifikate. Bei der Zertifikatlösung definiert der Staat einen tolerierbaren Umfang an Umweltnutzung (z.B. Schadstoffemissionen) und gibt in diesem Umfang handelbare Umweltnutzungsrechte heraus (Rat v. Sachverständigen für Umweltfragen 1994). Über die Vermarktung an Nutzungsrechten soll gewährleistet werden, daß "Umweltnutzungen dort vorgenommen werden, wo die geäußerten Zahlungsbereitschaften die dringlichsten Verwendungen anzeigen." (Rat v. Sachverständigen für Umweltfragen 1994:150). Ziel ist, eine Übernutzung natürlicher Ressourcen aufgrund eines ungehinderten - weil kostenlosen - Zugriffs zu verhindern. Jedoch erfolgt weder über die Abgabenregelung noch über die Vermarktung von Nutzungsrechten eine Steuerung der räumlichen und zeitlichen Verteilung der jeweiligen Umweltnutzer. Dadurch sind in der Umsetzung dieser Instrumente Lösungen denkbar, die die gewünschte Umweltqualitätsteigerung nicht zum Tragen kommen lassen. Dies wäre z.B. der Fall, wenn durch die Lokalisation von Betrieben Gewässerabschnitte mit Abfallstoffen belastet werden würde, die für die Trinkwassernutzung von Bedeutung sind. Ein weiteres Beispiel bildet die nicht landwirtschaftliche Nutzung von nachhaltig bewirtschaftbaren, ertragsreichen Lagen. Dadurch wird ein größerer Anteil stoffausträgsgefährdeter Standorte in die Nahrungsmittelproduktion einbezogen und somit auf größerer Fläche die Fruchtbarkeit des Bodens beschleunigt abnehmen. Nicht gegeben ist durch die beschriebenen Instrumente außerdem die Rückkopplung der Nutzungsrechte an die sich ändernden Randbedingungen in einer dynamischen Landschaft, d.h. an die zunehmende Verknappung der Ressourcen durch ihre fortwährende Nutzung an einer Stelle (z.B. Nährstoffverarmung des Bodens durch Landwirtschaft) und ihr verbessertes Angebot an anderer Stelle (z.B. Akkumulation ausgewaschener Nährstoffe in unbewirtschafteten Niederungsbereichen).
Die nachfolgend beschriebenen ökonomischen Instrumente unterscheiden sich von den vorhergehend genannten dadurch, daß sie zur dauerhaften Sicherung der lebensnotwendigen Ressourcen Boden, Wasser und Luft die raum-zeitliche Bewirtschaftung steuern. Dies erfolgt unter Orientierung an den natürlichen Regelmechanismen zur Steigerung der Nachhaltigkeit der Landschaft.
Am Beispiel natürlicher Systeme wurde verdeutlicht, daß diese erst unter limitierten Randbedingungen (begrenztes Angebot an Energie sowie an Nährstoffen bzw. besiedelbarem Raum) funktionale Kopplungen entwickeln, die zu ihrer Wirkungsgradsteigerung im Sinne einer Nachhaltigkeitssteigerung führen (Kap. B.2.3). Auch im Markt könnten systemimmanente Limitierungen z.B. über das Preisgefüge geschaffen werden, um umweltangepaßtes, d.h. nachhaltiges Handeln zum Selektionskriterium werden zu lassen. Zur Selektion nachhaltigerer Wirtschaftsweisen werden analog zu ökosystemaren Regelungsmechanismen folgende ökonomische Steuerungselemente vorgeschlagen (Ripl 1995):
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Lineare Energiesteuer (entspricht dem zeitlich strukturierten und dadurch zeitlich limitierten Energieangebot in der Natur).
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Progressive Bodenwertsteuer (entspricht der Limitierung des Raumes bzw. des Angebotes an Nährstoffen und Basen in der Natur) unter weitestgehender steuerlicher Entlastung der Dienstleistung.
- Individueller Bodenwertfreibetrag als soziale Basis anstelle eines sozialen Netzes (entspricht der Grundausstattung eines Standortes an Nährstoffen und Basen in der Natur).
H.2.1. Energiesteuer
Über die Energiesteuer würde der Verbrauch fossiler und nuklearer Energieträger linear besteuert. Die so künstlich limitierte Energie erforderte die Erschließung erneuerbarer Energiequellen und die Einsparung von Energie durch ihre verbesserte Ausnutzung. Einher ginge diese Energiesteuer mit einem Anstieg der Transportkosten und demzufolge mit einer Reduzierung der räumlichen Trennung von Produktion, Konsumtion und Stoffrecycling. Die energetisch bedingte Transportlimitierung führte somit zu einer allmählichen räumlichen Umverteilung der Nutzungsstrukturen mit kurzgeschlosseneren Stoffkreisläufen.
Durch die weltweit wachsende Nachfrage nach fossiler Energie (z.B. Schwellenländer, Osteuropa) und die abnehmenden Vorräte ist mittelfristig von einem erheblichen Anstieg der Energiepreise auszugehen. Die schon vorher einsetzende künstliche Verteuerung der Energie ermöglichte mit den so eingenommenen Steuermitteln die Förderung der Entwicklung und Umsetzung energiesparender Technologien. Dieser Prozeß wäre zum Zeitpunkt einer tatsächlichen Energieverteuerung kaum mehr zu bezahlen und bärge erhebliche Risiken für den Bestand der Gesellschaft.
H.2.2. Bodenwertsteuer und Bodenwertfreibetrag
Durch die Energiebesteuerung müßte bei gleichbleibenden Bedürfnissen die Nachfrage unter geringerem Transportaufwand befriedigt werden. Durch die so bewirkte Limitierung des zur Verfügung stehenden Bewirtschaftungsraumes stiegen die Anforderungen an dessen Produktivität. Dies machte die möglichst effiziente räumliche Anordnung (Allokation) der Nutzungsstrukturen erforderlich. Geeignetes Steuerungsinstrument dafür wäre eine Bodenwertsteuer in Verbindung mit einem individuellen Bodenwertfreibetrag. In dieser am Verkehrswert des Bodens ausgerichteten Steuer schlüge sich die Verminderung des Bodenwertes durch Basenverluste bei der Bewirtschaftung als finanzielle Belastung nieder. Eine Bodenbewirtschaftung mit minimierten Verlusten besäße entsprechende Wettbewerbsvorteile durch kostengünstigere, weil abgabenfreie Produktion. Mit der Bodenwertsteuer verteilte sich somit die Bewirtschaftung räumlich besser. Gleichzeitig hätte diese Abgabe zum anderen auch dadurch eine "raumlimitierende Wirkung", daß der räumlichen Expansion jedes Marktteilnehmers sowie der Bodenspekulation der progressive Bodenwertsteueranstieg entgegengewirkte.
Diese Steuer sollte beim Eintritt des Individuums in die aktive Gesellschaft mit einem Bodenwertfreibetrag gekoppelt werden. Der Freibetrag würde ebenso wie die Steuer in der Progressivität demokratisch festgelegt werden und anstelle eines sozialen Netzes die Lebensgrundlage für jedes Gesellschaftsmitglied schaffen. Der Freibetrag legte den Wert eines Bodens fest, der steuerfrei bewirtschaftet werden könnte. Dieser Freibetrag könnte entweder durch den Aufkauf und die Bewirtschaftung von Land realisiert werden, er könnte aber auch verpachtet und so als Grundlage einer beispielsweise städtischen Existenz verwendet werden. Grundstücke könnten wegen ihrer Größe oder aufgrund hoher Nachfrage einen Wert besitzen, der steuerlich soweit belastet würde, daß er nicht mehr vollständig vom eingeräumten Freibetrag gedeckt werden könnte. Dieses Land könnte daher nur derjenige besitzen, der über die Bodenbewirtschaftung hinaus über Einnahmen zur Steuerdeckung verfügt (z.B. aus unbesteuerten Dienstleistungen). Aufgrund der Progressivität der Besteuerung sänke bei einem einzelnen Bewirtschafter der Grenznutzen mit der Größe und dem Wert des Grundstücks, weshalb eine gemeinschaftliche Bewirtschaftung durch mehrere Inhaber von Freibeträgen bzw. unter Pacht von Freibeträgen (v.a. von der Stadtbevölkerung) angestrebt würde.
H.2.3. Auswirkungen der Energie- und Bodensteuer auf die Wirtschaftsstruktur
Über die Energie- und Bodenwertsteuer in Verbindung mit dem Bodenwertfreibetrag würde eine Wirtschaftsstruktur geschaffen werden, in der jede ökonomische Aktivität, die über die Basisabsicherung hinausgeht, einem wirkungsgradabhängigen Selektionsdruck ausgesetzt wäre. Jede individuelle unternehmerische Aktivität müßte, um billig anbieten zu können, mindestens so effizient (verlustarm) wie die Konkurrenz wirtschaften. Die Marktwirtschaft würde so zu einem die Gesellschaft optimierenden Regelmechanismus. Dadurch käme es allmählich zur Selektion von einer Wirtschaftsstruktur, in der der Anteil der Kreislaufwirtschaft ansteigt. Verbunden mit einer zunehmend vollständigeren Kreislaufführung erhöhte sich die Stoffzyklusfrequenz (z.B. in der Nahrungsmittelproduktion). Dagegen verringerte sich die Produktzyklusfrequenz (z.B. bei Investitionsgütern), welche ein Maß für die Langlebigkeit von Produkten darstellt. Durch diese Art von Besteuerung hätte die Wirtschaft einen geringeren Nettostoffdurchsatz bei gleichmäßigerem ortsgerechten Energieeinsatz. Der Verzicht auf Besteuerung von Dienstleistungen unter den oben genannten Bedingungen verstärkte in einer "ökologisierten" Volkswirtschaft die bestehenden Tendenz zur Dienstleistungsökonomie (Ripl 1995), er wäre somit mit einem lokalen Beschäftigungsimpuls verbunden. In einer so umstrukturierten industrialisierten Gesellschaft läge das Wachstum ausschließlich im Wirkungsgrad, d.h. in der nachhaltigen Funktionsweise.
H.3. Bewirtschafterebene
H.3.1. Der Wasserwirtschaft betreibende Landbewirtschafter
Voraussetzung für den Rückhalt der im Oberboden nur begrenzt vorhandenen Basen- und Hauptnährstoffe sowie für eine ausreichende Ergiebigkeit und Trinkqualität des Wasserabflusses ist ein hoher landschaftlicher Wirkungsgrad. Bei einem hohen landschaftlichen Wirkungsgrad unterliegt das Wasser durch Speicherung über die organische Detritusauflage sowie über seine häufige, kleinräumige Zirkulation unter dem im Tag-Nacht-Rhythmus wirksamen Energiepuls einem optimalen Rückhalt in der Fläche. Im Sommer, dem Zeitraum der geringsten Wasserführung der Gewässer, ist dadurch eine gleichmäßige Wasserspende an die Fließgewässer gegeben. Einträge gelöster Stoffe sind durch deren Fixierung in der Biomasse und durch verringerte Freisetzungsprozesse im Boden (erhöhte Dauerfeuchte) minimiert.
Voraussetzung für die Entwicklung eines stabilen (und stoffverlustarmen) Landschaftswasserhaushaltes wäre somit die möglichst großflächige Wiederausstattung des Einzugsgebietes mit Vegetation, einhergehend mit der gezielten Anlage von Stoffretentionsstrukturen in Niederungen und Senken. Zur Wiederherstellung einer nachhaltig funktionierenden Landschaft ist daher die Wasserwirtschaft der Landbewirtschaftung (Forst-, Landwirtschaft) zwingend zuzuordnen. Diese wäre für die Bereitstellung des Lebensmittels Wasser in sauberen Oberflächenwasserströmen mit vergleichmäßigtem Dargebot verantwortlich und würde nach Menge und Güte des Wassers marktgerecht bezahlt werden. Dabei könnten sich die Bewirtschafter der Flächen zu "Wassergenossenschaften" zusammenschließen, welche den Markt (z.B. wassernutzende Industrie und Städte) beliefern. Das Trinkwasser müßte, um nicht durch die Dynamisierung des Bodenwasserhaushaltes die Stoffauswaschungen zu begünstigen, statt aus Grundwasser allmählich zu immer größeren Anteilen aus Oberflächenwasser (Flußwasser) gewonnen werden. Die höchsten Erträge würde eine Wassergenossenschaft zu Spitzenbedarfszeiten im Sommer erwirtschaften, wenn sie Trinkwasser in ausreichender Menge und hoher Qualität anbieten könnte. Qualitativ hochwertiges Wasser müßte sich durch geringste Stofffrachten, wozu auch Basenkationen zählen, auszeichnen.
In einem solchen Bewirtschaftungssystem könnte auch die Entsorgung "belasteter" Klarwässer zumindest zum Teil in bewirtschafteten, nettoproduktiven Vegetationsstrukturen übernommen werden:
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Vorgereinigtes, basen- und nährstoffhaltiges Abwasser aus der Stadt könnte über z.T. schiffbare Kanäle zu einem Produktionsgürtel in der Nähe der Städte und Gemeinden geleitet werden. In diesen Produktionsflächen könnten die pflanzenverwertbaren Stoffe durch Selektionsprozesse an der Wurzel aus dem Wasser zurückgewonnen werden, nichtlösliche und z.T. toxische Stoffe (z.B. Schwermetalle) würden verdünnt sowie in Sediment und Boden fixiert und damit unschädlich gemacht werden.
- Die natürlichen Flüsse wären dadurch weitgehend von Stofffrachten und Verkehr entlastet. Daher könnte über sie Trinkwasser mit ausreichender Qualität bereitgestellt werden. Diese Form der Trinkwassergewinnung hätte einen weniger dynamisierten Bodenwasserhaushalt und dadurch auf Dauer eine hohe Qualität des gewonnenen Wassers zur Folge.
H.3.2. Ökologische und
ökonomische Effekte der wasserhaushaltsbasierten
Landbewirtschaftung
Könnten auf großer Fläche Strukturen mit hohem Wirkungsgrad errichtet werden, wäre damit eine dauerhafte Sicherung der lebensnotwendigen Güter Boden, Wasser und Luft gegeben:
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Verlustminimierte Strukturen hätten eine Landbewirtschaftung zur Folge, bei der großflächig die Evapotranspiration maximiert ist. Klimawirksame Emissionen wären verringert, da sie in bodennahe, ortsgebundene Reaktionszyklen eingebunden wären (Bsp. Kohlendioxid). Außerdem würden sich Immissionen nicht nur in einzelnen, kleinen Kühlflächen, sondern über einen größeren Raum verteilen und damit in geringerer Konzentration niederschlagen.
- In einer nachhaltig funktionierenden Landschaft würde außerdem der stabilisierte Wasserhaushalt aufgrund geringerer Stoffausträge zu einer verbesserten Wasserqualität und zum langfristigeren Erhalt der Bodenfruchtbarkeit führen.
In bezug auf die wirtschaftliche Bedeutung einer wasserhaushaltsbasierten, nachhaltigen Landbewirtschaftung sind folgende Punkte zu nennen:
- Die Landwirtschaft könnte sich von einem fortwährenden Subventionsempfänger zu einer eigenständigen Versorgungswirtschaft emanzipieren.
- Die finanziellen und administrativen Maßnahmen zur Stützung der Land- und Forstwirtschaft könnten weitgehend abgebaut werden. Die Volkswirtschaft der Industrieländer bzw. der gesamte Weltmarkt würden weitgehend von unproduktiven Verwaltungen und Handelshemmnissen des Agrarsektors befreit.
- Die Kommunen könnten zunehmend von der Aufgabe entbunden werden, Wasserreinigung zu betreiben.
Über den Wasserhaushalt könnten somit - unter Einsatz neuer biotechnologischer Methoden und Produkte - Stoffflüsse zwischen den Orten des Konsums und der Produktion gelenkt und die Stoffkreisläufe zunehmend vollständig geschlossen werden. Die so gebildeten Nutzungsstrukturen würden eine nachhaltigere industrielle Entwicklung einleiten und durch die zuvor beschriebenen Instrumente der Besteuerung in Verbindung mit dem Bodenwertfreibetrag in ihrer Wirkung zunehmend optimiert werden.
H.4. Technisch-administrative Ebene
Derzeit erfolgen Maßnahmen zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen fast nur auf dem Gesetzes- und Verordnungsweg. Sektoral werden für die einzelnen Umweltgüter Boden, Wasser und Luft Grenzwerte für die erwünschte Qualität definiert und deren Einhaltung und auf dem Weg des technischen Umweltschutzes unter hohem Energie- und Ressourceneinsatz angestrebt. Bezogen auf den Sektor der Wasserversorgung läßt sich dabei der Trend einer sich immer mehr verselbständigenden Wasserwirtschaft feststellen, welche durch Eingriffe in den Wasserhaushalt der Landschaft deren nachhaltige Nutzung herabsetzt. Beispielsweise kommt bei der Trinkwasserversorgung der Förderung von Grundwasser nach wie vor elementare Bedeutung zu. Die flächig anwachsenden Trinkwassereinzugsgebiete stellen jedoch neben drainierten und intensiv bewirtschafteten Land- und Forstwirtschaftsflächen Bereiche mit einer dynamisierten Bodenwasserbewegung und damit einer erhöhten Bodenauslaugung dar. Mit der Auswaschung der löslichen Hauptnährstoffe und Basen steigt im Oberboden der Anteil schwerer löslicher, toxischer Stoffe (z.B. Schwermetalle) und auch die Wahrscheinlichkeit von deren Transport in Richtung des Grundwassers (Kap. B.). Eine Verlagerung der Wasserwirtschaft von der technisch-administrativen Ebene auf die der Flächenbewirtschaftung in der oben beschriebenen Form machte die öffentliche und der Nachhaltigkeit der Landschaft abträgliche Wasserwirtschaft überflüssig. Statt dessen käme der technisch-administrativen Ebene dieses Sektors hauptsächlich eine beratende Funktion zu, z.B. bei der Ausweisung von Vorranggebieten für den Wasserhaushalt (Kap. G.3) oder den Umsetzungsmaßnahmen der Abwasseraufbereitung. Damit entwickelte sie sich unter den marktwirtschaftlichen Selektionsmechanismen der Energie- und Bodenwertbesteuerung im wesentlichen zu einem Dienstleistungssektor, der zur Steigerung der Nachhaltigkeit der Landschaft beitrüge.
H.5. Ausblick
Die Schließung der Stoffkreisläufe besitzt in den heutigen Industrienationen weder in der Politik, noch nachgeordnet in der Planung und Flächenbewirtschaftung die erforderliche Priorität. Zugrunde liegt dem, daß die Verluste durch den Einsatz von Fremdenergie zur Zeit noch teilweise kompensiert werden können. Vor dem Hintergrund des weltweit begrenzten Vorkommens an Energieträgern stellt jedoch eine energie- und stoffverlustarme Kreislaufwirtschaft die einzige Möglichkeit dar, die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen dauerhaft zu sichern. Unter Orientierung an den Regelmechanismen natürlicher Systeme zur Nachhaltigkeitssteigerung sollen die beschriebenen Strategien auf politischer, technisch-administrativer und bewirtschaftender Ebene eine Möglichkeit darstellen, den Wirkungsgrad der Landschaft, die als gesellschaftliches Trägersystem betrachtet werden kann, zu steigern. Nach einer Phase der (stoffverlustreichen) wirtschaftlichen Expansionsstrategie würde somit eine Umstrukturierung eingeleitet werden, bei der wirtschaftliches Wachstum an eine Wirkungsgradsteigerung (Absenken von Stoffverlusten) gebunden wäre. Auf diese Weise entstünde analog und auf der Basis einer sich selbst optimierenden Natur ein nachhaltig funktionierendes Gesellschaftssystem.